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St. Stephan in Wien. Die „Herzogswerkstatt“, hg. von Barbara Schedl / Franz Zehetner, Wien / Köln 2022, Böhlau, 371 S., Abb., ISBN 978-3-205-21370-3, EUR 55. – In insgesamt 17 Beiträgen widmet sich der reich illustrierte Sammelband der sogenannten „Herzogswerkstätte“, womit in der kunsthistorischen Forschung seit ziemlich genau hundert Jahren die Steinmetze, die (grosso modo) im 14. Jh. bei St. Stephan in Wien tätig waren, bezeichnet werden. Da der Band vor allem von kunsthistorischer Relevanz ist, kann sich die Besprechung an dieser Stelle auf die notwendigsten Informationen beschränken. Barbara Schedl, Das Fürstenpaar und St. Stephan nach den Schriftquellen (S. 11–32), gibt zunächst einen kurzen Überblick über die Baugeschichte von St. Stephan und ihre Quellen. – Es folgen zwei Beiträge zum hinsichtlich seiner genauen Datierung umstrittenen Hallenchor von St. Stephan (Achim Hubel, Der Hallenchor von St. Stephan in Wien. Überlegungen zum Verhältnis von Architektur und Plastik, S. 33–87, und Peter Kurmann, Könige unter Heiligen. Bemerkungen zu den Konsolfiguren im „albertinischen“ Chor, S. 89–99), anschließend behandeln gleich zehn Beiträge die Fürstenportale des Doms, auf denen aufgrund ihrer Skulpturen wenig überraschend das Hauptgewicht des Bandes liegt (Stefan Breitling, Die Wiener Fürstenportale. Beobachtungen zur Baukonstruktion und zum Bauablauf, S. 101–119; Katharina Arnold, Arbeit nach Maß. Beobachtungen zum Planungs- und Entwurfsprozess der Fürstenportale von St. Stephan in Wien, S. 121–139; dies. / Stephan Albrecht, Die Wiener Fürstenportale. Das Verhältnis von Architektur und Skulptur, S. 141–151; Ruth Tenschert, Die Wiener Fürstenportale. Neue Beobachtungen zum Bestand und der Veränderungsgeschichte, S. 153–172; Klaus Niehr, Inhabited Architecture. Das Bischofs- und das Singertor an St. Stephan zu Wien und die Figurenportale des 14. Jahrhunderts, S. 173–187; Assaf Pinkus, Prachtvolle Erscheinung und anmutige Bewegung. Höfisches Dekorum und die Wiener Herzogsfiguren, S. 189–202; Michael Viktor Schwarz, Baugeschichte – Bildgeschichte. Zur historischen Lesbarkeit der Befunde an den Fürstenportalen von St. Stephan, S. 203–206; Johann Nimmrichter, Farbgebungen am Bischofstor und Vergleiche mit zeitnahen Fassungsbeständen am Wiener Stephansdom sowie weitere Beobachtungen an den Steinoberflächen des gotischen Portals, S. 249–271; zum Thema gehören im weiteren Sinne auch die zwei Beiträge zum Striegauer Paulusportal von Romuald Kaczmarek, Was ist am Striegauer Tympanon mit der Pauluslegende wienerisch? Überregionale und regionale Überlegungen zur bildhauerischen Ausstattung der ehemaligen Johanniter- und Stadtpfarrkirche zu Striegau, S. 207–222, und Jakub Adamski / Thomas Flum, Die Paulusportale in Wien und Striegau. Historischer und kunstgeschichtlicher Kontext einer Variation, S. 223–235). – Nach zwei Aufsätzen zu Stiftergrab bzw. Herzogsgruft (Manfred Koller, Die Figuren des „Stiftergrabes“ in St. Stephan. Befunde, Interpretationen, Vergleiche, S. 237–247, und Franz Zehetner, Herzogsgruft und Rudolfskenotaph, S. 273–302) widerspricht Norbert Nussbaum, Beobachtungen zur relativen Chronologie von Langhaus und Südturm des Wiener Stephansdomes (S. 303–313), der ausschließlich den Baubefund und keine weiteren Quellen heranzieht, energisch der Annahme Johann Josef Bökers, die südliche Langhausmauer von St. Stephan sei dem dortigen Turm nachträglich und in unabhängiger Planung angefügt worden. Zum Abschluss macht Timothy Juckes, An Unnoticed Plan of St. Stephen’s in the Early Eighteenth Century and Its Implications for the Medieval Building History (S. 314–325), auf einen bisher kaum beachteten, bemerkenswert genauen Plan in Anton Ferdinand Geusaus sechsbändiger Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Wien (1789–1810) aufmerksam, dessen Vorlage, die auf das erste oder zweite Jahrzehnt des 18. Jh. zurückgehen dürfte, leider verloren ist, der aber ma. Aspekte des Baus, die zur Zeit der Vorlage noch sichtbar waren, erkennen lässt und somit eine wichtige Quelle auch für das MA darstellt. Leider wird der Band durch das Fehlen jeglichen Registers stark entwertet, und auch in die Größe der Abbildungen, die zumindest teilweise viel zu gering ist, um Details ausmachen zu können, hätte man deutlich mehr investieren müssen.

M. W.