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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,2 (2024) *.

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Anna Just (Hg.), Deutschsprachige Handschriften aus sichergestellten Sammlungen im Bestand der Universitätsbibliothek in Warschau. Dokumentation und Forschungsperspektiven (Warschauer Studien zur Philologie 1) Hamburg 2023, Verlag Dr. Kovač, 249 S., Abb., ISBN 978-3-339-12976-5, EUR 87,80. – 2018–2022 wurde ein von der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung gefördertes Projekt mit dem Titel „Bestandsaufnahme von deutschsprachigen Handschriften aus den Beständen der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek in Warschau“ von der Hss.-Sammlung der genannten Bibliothek in Kooperation mit der Univ. des Saarlandes in Saarbrücken durchgeführt. Ziel war die Katalogisierung von fast 500 aus dem 15.–19. Jh. stammenden deutschsprachigen Hss., die nach 1945 aus verschiedenen (teils ehemals) deutschen öffentlichen und privaten Bibliotheken in die Warschauer Univ.-Bibl. gelangten, wobei es sich um überwiegend neuzeitliches Material handelt. Neben der online publizierten Hss.-Katalogisierung – wie nachhaltig derartige Internetpublikationen sind, lässt sich gut an dem im Band angegebenen Link (www.manuscripta.wn.uw.edu.pl) sehen, der bereits zum Zeitpunkt der Anfertigung der Rezension, nicht einmal ein Jahr nach Erscheinen des Bandes, ins Leere führte – stand vor allem die Erschließung der Provenienzen dieser Bestände im Mittelpunkt des Projekts (Vorwort der Hg., S. 7f.). Deren Ergebnisse werden im vorliegenden Sammelband in zwei Abschnitten präsentiert. In Abschnitt I (Geschichte und Dokumentation) erläutert zunächst Agnieszka Fabiańska, Sicherstellung von Büchersammlungen und Bibliotheken in den Jahren 1944–1955 (S. 11–33), die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, die ab der Endphase des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit zur Sicherstellung von Büchersammlungen durch den polnischen Staat führten, sowie die Umsetzung der damit verbundenen staatlichen Richtlinien und die Verteilung der Bücher auf diverse Bibliotheken. – Dies., Die sichergestellten Sammlungen in der Universitätsbibliothek in Warschau (mit Übersicht über ihre Provenienzzeichen) (S. 35–70), gibt einen kurz gehaltenen Überblick über die in den folgenden Beiträgen detaillierter vorgestellten sichergestellten Sammlungen mit besonderer Berücksichtigung einschlägiger Provenienzmerkmale, die in einem umfangreichen Abbildungsteil präsentiert werden. – Nun folgen vier Beiträge, welche en détail sichergestellte oder an einer bestimmten Sammlungsstelle zusammengekommene Sammlungen mit besonderer Berücksichtigung der enthaltenen Hss. erläutern, die in die Warschauer Univ.-Bibl. gelangten, nämlich dies., In Sobbowitz sichergestellte Handschriften im Bestand der Universitätsbibliothek in Warschau (S. 71–79), dies., Sichergestellte Sammlungen aus Stettin im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek in Warschau (S. 81–89), Krystyna Jarosławska, Sichergestellte Handschriften aus der Majoratsbibliothek der Familie von Schönaich aus Siedlisko (Carolath) und Bytom Odrzański (Beuthen an der Oder) im Handschriftenbestand der Universitätsbibliothek in Warschau (S. 91–105), sowie Anna Just, Sichergestellte Handschriften aus der Wallenberg-Fenderlinschen Bibliothek in Landeshut in Schlesien im Bestand der Universitätsbibliothek in Warschau mit einer kurzen Geschichte der Landeshuter Bibliothek (S. 107–120). – In Abschnitt II (Forschungsperspektiven) ediert Nine Miedema, Ein Kalenderfragment mit römischen und Kölner Ablässen in der Warschauer Universitätsbibliothek (mit Edition des Textes) (S. 123–190), das aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. stammende Fragment eines erst im Zuge der Katalogisierung der Warschauer Hss. 2019 bekannt gewordenen Kalenders mit einem römischen Ablassführer (Warschau, Univ.-Bibl., Nr. inv. 750), gibt eine Beschreibung des Codex und kann durch Vergleich mit weiteren Überlieferungen dieses Typs plausibel machen, dass der Text im Kloster St. Cäcilien in Köln angelegt worden sein dürfte. – Alrun Frings, Der Codex rkps. akc. 180: Eine Nürnberger Hochzeitsordnung des Jahres 1453 (mit Edition des Textes) (S. 191–216), druckt die bisher unbekannte Hochzeitsordnung mit moderner deutscher Übersetzung ab und stellt erste Überlegungen zu ihrem Verhältnis zu den späteren Nürnberger Ordnungen aus dem 15. Jh. an, bei denen es sich möglicherweise um erweiterte Fassungen derselben handeln könnte. – Angelika Tórz-Prorok, Kochrezepte in einem Kochbuch von 1778 – textlinguistische Perspektive (S. 217–227), stellt anders, als der Titel vermuten lässt, nur zum geringeren Teil Überlegungen zu zwei Rezepten aus Cod. 111 der Warschauer Univ.-Bibl. an, sondern erläutert stattdessen breit theoretische Konzepte, mit welchen die Gestaltung von Kochrezepten erfasst werden soll, deren konkrete Anwendbarkeit sich dem Rez. aber nicht erschlossen hat. – Anna Just, Briefe des Breslauer Stadtbibliothekars Friedrich Pfeiffer an Theodor Langner, Bibliothekar der Wallenberg-Fenderlinschen Bibliothek in Landeshut in Schlesien (S. 229–248), druckt ohne Kommentar und editionstechnische Erläuterungen elf heute in der Warschauer Univ.-Bibl. liegende Briefe aus den Jahren 1870–1882 ab, in denen es vorwiegend um die durch Pfeiffer begonnene und durch Langner fertiggestellte Katalogisierung der Wallenberg-Fenderlinschen Bibliothek geht. – Leider wird der Band weder durch ein Personen- und Ortsregister, vor allem aber auch durch keinen Index der zitierten Hss. erschlossen, der von besonderer Wichtigkeit und angesichts des für eine rund 250-seitige Publikation völlig überhöhten Preises auch angemessen gewesen wäre.

M. W.