Zisterzienser und Zisterzienserinnen am Oberrhein (12. bis 14. Jahrhundert), hg. von Jürgen Dendorfer / Steffen Krieb (Oberrheinische Studien 45) Ostfildern 2023, Thorbecke, 348 S., Abb., Karten, ISBN 978-3-7995-7846-2, EUR 34. – Als zahlreich wie die Sterne des Himmels stufte der Chronist Jakob von Vitry das Anwachsen der Zisterzienserklöster bis in die erste Hälfte des 13. Jh. ein. Seine Einschätzung darf mutatis mutandis auch für die Forschungs- und Publikationstätigkeit zur Geschichte des Ordens gelten. Als wiederkehrende Themen lassen sich v. a. die Diskussion um Dualismen wie Norm und Realität, Einheit und Vielfalt, sowie Studien zu einzelnen Abteien und ihrer Verflechtung innerhalb des Filiationswesens ausmachen. Diese Aspekte finden sich auch in diesem Band vereint, der seinen Ursprung in einer Tagung vom März 2019 hat. Inhaltlich wird ein Überblick über die Entwicklung und Strahlkraft der zisterziensischen Gründungen am Oberrhein geboten. Der Fokus liegt auf dem 12.–14. Jh. und der Filiation des elsässischen Klosters Lützel, das durch seine Tochtergründungen v. a. in den südlichen Teil des Betrachtungsraums ausgriff. Unter landesgeschichtlich-vergleichender Prämisse werden acht Männer- und fünf Frauenklöster in den Blick genommen. Entstanden ist ein Kompendium aus 16 Beiträgen zu den Abteien im Elsass, der Pfalz, in Baden und der Nordwestschweiz. Thematisch werden klassische Facetten der Zisterzienserforschung ausgeleuchtet. Das Ziel der Hg. ist „in gewisser Weise bescheiden, aber dennoch anspruchsvoll“ (Dendorfer / Krieb, S. 11). Bescheiden, da nicht die Ambition gehegt wird, fundamentale Erkenntnisse durch neue Quellenstudien zu liefern. Anspruchsvoll, da dennoch die Erwartung besteht, durch den Vergleich Neues zu erkennen und übergreifende Aspekte und Fragen zu diskutieren. Nach zwei einleitenden Aufsätzen von Werner Rösener (S. 19–33) zur Ordensstruktur und Uli Steiger (S. 35–54) zum Kloster Lützel werden zwei umfassendere Sektionen eröffnet. Der erste Block bietet einen lokalgeschichtlich angelegten Überblick über die Abteien am Oberrhein. Clemens Regenbogen (S. 55–76) wendet sich Pairis, Baumgarten und Neuburg, Ernst Tremp (S. 77–94) Frienisberg und St. Urban, Martin Armgart (S. 95–113) schließlich Eußerthal, Wörschweiler und Stürzelbronn zu. Simone Wagner (S. 115–134) widmet sich den Frauenklöstern Günterstal, Wonnental und Marienau, ehe Maria Magdalena Rückert (S. 135–150) Königsbrück und Lichtenthal beleuchtet. Geboten werden jeweils historische Eckdaten sowie eine Synopse der Quellenlage und des Forschungsstands. Ein zweiter Block wendet sich übergreifenden Fragestellungen zu. Jürgen Dendorfer (S. 151–172) erörtert den Wandel der Stiftermemoria an fünf Fallbeispielen. Christian Stadelmaier (S. 173–200) dekliniert mittels Faktoren wie Grangien, Stadthöfen oder erzeugten Agrarprodukten die Ökonomie der oberrheinischen Zisterzen. Felix Heinzer (S. 201–219) befasst sich anhand von Lichtenthaler Hss. mit der normierten Schriftkultur des Ordens. Peter Rückert (S. 221–240) diskutiert landschaftsprägende Faktoren der Konvente. Die ordenseigene Geschichtsschreibung skizziert Steffen Krieb (S. 241–257). Benoît-Michel Tock (S. 259–276) verdeutlicht, welche Erkenntnisse aus der Synopse von Papstprivilegien zu gewinnen sind. Carola Fey (S. 277–292) stellt anhand ausgewählter Objekte die liturgische Sachkultur vor, ehe Matthias Untermann (S. 293–305) einen Überblick über die regionale Zisterzienserarchitektur bietet. Wie von den Hg. thematisiert, bieten die Beiträge zwar keine neuen Quellenstudien, aber in der Gesamtheit eine ertragreiche Synopse der zisterziensischen Klosterlandschaft am Oberrhein. Der Wert liegt hierbei v. a. in der Herausarbeitung prägender Strukturen und Entwicklungen im Zusammenspiel zwischen Ordenskonstitution und regionalem Kontext. Von besonderem Wert ist die Einbeziehung und differenzierte Betrachtung der Frauenklöster. Erfreulich ist, dass sowohl der räumliche Blick als auch das zeitliche Spektrum über die im Titel des Bandes gesetzten Grenzen hinausgehen. Bedauernswert ist das Fehlen der Tagungsbeiträge von Heinz Krieg zu den Abteien Tennenbach und Herrenalb und von Guido Gassmann zur Rolle der Konversen in Lützel, Frienisberg und St. Urban. Es bleibt zu wünschen, dass sie noch anderswo erscheinen werden, um das Panorama abzurunden. Die im Band vereinte Expertise und die Matrix vergleichbarer Faktoren können zwar kein umfassendes Klosterbuch oder -lexikon ersetzen, aber dennoch wichtige Entwicklungslinien aufzeigen. Die Aufsatzsammlung wird künftig eine feste Referenz für die ordens- und landesgeschichtliche Forschung darstellen.
Christian Malzer