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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,2 (2024) *.

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Gregor Hecker-Twrsnick, Die Ritterschaft des Herzogtums Jülich im 15. Jahrhundert. Genese einer territorialen Elite (Jülicher Forschungen 16) Bielefeld 2022, Verlag für Regionalgeschichte, 400 S., ISBN 978-3-7395-1346-1, EUR 49. – Die Bonner Diss. fragt nach der Entstehung der Ritterschaft im Herzogtum Jülich seit dem Ende des 14. Jh., nach dem Wandel des Begriffs und seiner Bedeutung aus der Sicht der Zeitgenossen sowie nach der personalen respektive familialen Zusammensetzung dieser Ritterschaft im ausgehenden MA. In einem ersten Schritt beleuchtet der Vf. das facettenreiche Verhältnis zwischen Ritteradel und Landesherrschaft, um sich sodann der Verfasstheit der Ritterschaft als Landstand und den Funktionen, Aktivitäten und Handlungsspielräumen des Kollektivs zuzuwenden. Damit kehrt er die traditionelle, institutionengeschichtliche Perspektive um, stellt sie gewissermaßen vom Kopf auf die Füße, indem er die Entwicklung nicht von den bereits formierten Landständen her, sondern von einer zunächst noch wenig strukturierten elitären Personengesamtheit der Ritterbürtigen zu ihrer Konstituierung in den Ständen hin betrachtet. Dabei sind erste korporative Strukturen zwar schon seit den 1420er Jahren zu erkennen, indes verdichten sich diese in entsprechend adressierten Urkunden und Privilegien nicht vor der Mitte des 15. Jh., was dann wiederum mit einer zunehmenden landständischen Domestizierung des landgesessenen Adels als landesherrliche Ritterschaft einhergeht. Das ergibt ein überzeugendes Bild, in dem sich einmal mehr die Überlegenheit eines differenzierten personengeschichtlichen Zugriffs erweist. Daher ist es auch nur folgerichtig, wenn der umfangreiche Anhang verschiedene Namenslisten und Tabellen von Personen und Familien bietet, die eine multiperspektivische Annäherung an die Jülicher Ritterschaft und ihre prosopographische Zusammensetzung zu verschiedenen Zeiten ermöglichen. Register der Personen- und Ortsnamen erschließen die Darstellung, allerdings leider nicht den Anhang.

Kurt Andermann