Caroline Brett / Fiona Edmonds / Paul Russell, Brittany and the Atlantic Archipelago, 450–1200. Contact, Myth and History, Cambridge 2022, Cambridge Univ. Press, XIV u. 479 S., 12 Karten, ISBN 978-1-108-48651-4, GBP 90. – Die Monographie präsentiert die Ergebnisse eines von 2015 bis 2019 am Department of Anglo-Saxon, Norse and Celtic, Cambridge, durchgeführten Forschungsprojekts. Der überwiegende Teil des Texts stammt von B., die seit vielen Jahren zur frühma. Geschichte des keltischen Britannien und der Bretagne sowie zu ma. Literatur arbeitet. R. lieferte einen Beitrag zur bretonischen Sprache, E. Abschnitte zu den maritimen Verbindungen, zur Politik des Karolingerreichs und zur Wikingerzeit. Ziel war eine Neubewertung („rethinking“) der Geschichte der Bretagne in der Zeit von 450 bis 1200 mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verbindungen sowohl zum „Atlantischen Archipel“ mit Britannien und Irland wie auch zu Akteuren auf dem Kontinent, insbesondere dem Karolingerreich. Zur Zeit des Niedergangs des Römischen Reichs ab 450 n. Chr. wanderten mehrere Wellen christlicher Britannier auf die bretonische Halbinsel, nach Gallien und Nordspanien aus. Nur die Auswanderer in die Bretagne konnten sich jedoch als eigenständige Gruppe behaupten und ihre Sprache, das Bretonische, bis heute bewahren. Zwar wird die Geschichte der Bretagne seit Ende des 19. Jh. erforscht, doch bleiben in Anbetracht der spärlichen historischen Zeugnisse wesentliche Fragen wie etwa nach der Anzahl der Auswanderer oder ihren Motivationen ungeklärt. B. bespricht ausführlich die bekannten Quellen sowie die Hypothesen, die auf ihrer Basis entwickelt wurden (Kapitel 2). Darüber hinaus führt sie eine Fülle rezenter Forschungsergebnisse aus verschiedenen Disziplinen wie Archäologie, Textgeschichte, Hagiographie und Onomastik an. Sieben Kapitel gliedern den untersuchten Zeitraum in kleinere Abschnitte, thematisieren jeweils unterschiedliche Aspekte und ziehen auch Zeugnisse heran, die indirekte Schlüsse ermöglichen. Zu den behandelten Themen gehören u.a. die Situation in der Bretagne zum Ende des Römischen Reichs vor Ankunft der Britannier nach Ausweis neuester archäologischer Erkenntnisse (Kapitel 1), die Darstellung der britannischen Herkunft der Bretonen in hagiographischen Werken des 9. Jh. (Kapitel 3), insulare Kontakte und Einflüsse in Texten und Hss. des 9. und 10. Jh. (Kapitel 4), hagiographische Werke des 10. Jh. und die auch in Irland und Wales verbreitete Kombination aus hagiographischen Erzählungen und fiktiven Schenkungsurkunden im Chartular von Landévennec (Kapitel 5), Parallelen und Unterschiede in der Heiligenverehrung und bei Ortsnamen mit Heiligen in den insularen Regionen und auf dem Kontinent (Kapitel 6), literarische Kontakte im 12. Jh. und die Darstellung der Bretagne in der ma. walisischen Tradition (Kapitel 7). Die lesenswerte Monographie fasst nicht nur den aktuellen Forschungsstand zusammen, sondern wirft in vielen Bereichen neues Licht auf die ma. Geschichte der Bretagne und ihre vielfältigen Beziehungen. Damit gehört sie zu den unverzichtbaren Werken der Forschungsliteratur auf ihrem Gebiet.
Britta Irslinger