Jiří Dynda, Slovanské pohanství ve středověkých latinských pramenech [Slawisches Heidentum in mittelalterlichen lateinischen Quellen], Praha 2023, Scriptorium, 408 S., ISBN 978-80-7649-050-5, CZK 400. – Der Vf., Mitarbeiter der Abteilung für Altkirchenslawistik und Byzantinistik des Slawischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, befasst sich mit dem Interesse der Renaissance an der Religion der alten Slawen und präsentiert in dem schon in zweiter, erweiterter Auflage (erstmals 2017) vorliegenden Werk eine Sammlung der wichtigsten lateinischen Quellen zur archaischen Religion der Slawen. Während die Auswahl der Texte vor allem auf dem Quellencorpus von Karl H. Meyer, Fontes historiae religionis Slavicae (1931) fußt, erweitert der Vf. diese um damals unbekannte (z.B. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum; ein Exemplum aus dem Werk des Herbert von Clairvaux De miraculis libri tres; Stanislaus de Scarbimiria, Sermo 12 und 47) oder vergessene Texte (z. B. die Geschichte einer heidnischen Witwe, die auf wundersame Weise für ihre Sonntagsarbeit bestraft wurde, bei Herbord, Dialogus de Vita Ottonis episcopi Babenbergensis, c. 2,23). Die klassischen Texte von Adam von Bremen, Helmold von Bosau, Kosmas von Prag und die älteren St.-Wenzel-Legenden, die in guten tschechischen Übersetzungen vorliegen, werden demgegenüber ausgelassen. Die Gliederung des Sammelbandes in sieben Einheiten erfolgt nach thematischen, chronologischen und geographischen Gesichtspunkten (A, 1–3: Slawen auf dem Balkan; B, 1–2: Westslawen zwischen Elbe und Saale; C, 1–6: die Christianisierung des Fürstentums Pommern durch Bischof Otto von Bamberg, heidnische Kulte bei den Elb- und Havelslawen; D, 1–7: die Eroberung von Arkona auf Rügen und Texte zu geographisch nahen Regionen; E, 1–5: vornehmlich normative Quellen zu den sogenannten heidnischen Relikten in Böhmen und Dalmatien, 12.–14. Jh.; F, 1–17: normative Texte, insbesondere Diözesanstatuten, Homiletik zum selben Thema im ma. Polen; G, 1–6: Varia). Jeder der 50 ausgewählten lateinischen Texte (darüber hinaus zwei griechische: Procopius Caesariensis, De bello Gothico; Konstantinos VII. Porphyrogennetos, De administrando imperio; und ein altnordischer: Knýtlinga-Saga) ist von einer tschechischen Übersetzung begleitet, die sich sehr getreu an das Original hält, ohne dass das die Lesbarkeit beeinträchtigen würde. Der Auswahl ist ein gut durchdachtes Vorwort (S. 11–17) vorangestellt, in dem der Vf. über die Tradition der slawischen Religionsforschung, die Sicht der christlichen Autoren auf diese Kulte (interpretatio Christiana) und das Selbstverständnis der religiösen Tradition aus der Sicht ihrer heidnischen Träger reflektiert. Zugleich macht er darauf aufmerksam, wie abwegig die Trennung von religiöser und profaner Sphäre (sacrum und profanum) ist, und plädiert für eine ganzheitliche, kulturanthropologische Betrachtung der archaischen Religion der Slawen. Der äußerst gewinnbringende Sammelband schließt mit einer englischen Zusammenfassung (S. 390–393) und folgenden Registern: Namen, Geographie, Ethnonyme, Sachen (mit dem Schwerpunkt Religion und Kultur).
Jan Hrdina