Karel Pacovský, Svatojiřský klášter v Praze očima pisatelů doby předhusitské [Das St.-Georgs-Kloster in Prag aus der Sicht der vorhussitischen Schriftsteller], Praha 2023, Nakladatelství Lidové noviny, 352 S., Abb., ISBN 978-80-7422-864-3, CZK 309. – Das Buch präsentiert vier Quellentexte aus der zweiten Hälfte des 14. und dem Beginn des 15. Jh., die eng mit dem Leben in der Benediktinerinnenabtei St. Georg auf der Prager Burg verbunden sind. Die Texte werden im Original (lateinisch) mit einer parallelen Übersetzung ins Tschechische veröffentlicht. Von einem Text (einer Auslegung der Benediktsregel) wird nur eine Auswahl bestimmter Passagen geboten, die sich auf die Verhältnisse im Kloster beziehen. Jeder edierten Quelle geht eine Studie über die Herkunft des Textes, die hsl. Überlieferung, die Autorschaft, den Inhalt und die Struktur sowie die Beziehung zu anderen Hss. oder Werken, die für das Kloster angefertigt wurden, voraus. Der erste Text ist das Memorialbuch der Kanoniker von St. Georg (Fragmentum praebendarum), das nur in der Hs. Prag, Nationalbibl., Sign. XIII A 2, überliefert ist (Einleitung S. 21–61, Edition S. 64–129). Einer der Kanoniker, wahrscheinlich Tomáš Sýřec († 1357), ermahnt den Klerus des Klosters mit einem Psalmzitat, „... und vergaßen seine Taten und Wunder“, seine liturgischen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Liste der Ämter und Präbenden der Klosterkirche wurde später durch fromme Schenkungen von Wohltätern ergänzt. Ein weiterer Text, das Speculum spirituale, wurde ca. 1375–1388 von dem bekannten Theologen Vojtěch Raňkův von Ježov (Adalbertus Ranconis de Ericinio) als religiös-didaktische Abhandlung verfasst (Einleitung S. 131–151; Edition S. 154–169). Der Autor preist den jungfräulichen Stand und fordert seine Adressatinnen auf, die Keuschheit kompromisslos zu bewahren. Der Text hat die Form eines Briefs und basiert auf einem Schreiben des Bischofs Ivo von Chartres (1090–1115) an die Benediktinerinnen des Klosters Saint-Avit-les-Guêpières in der Diözese Chartres. Der dritte Text ist ein Bericht über die Krönung der Sophie von Bayern (Coronacio regine Boemie), die am 15. März 1400 stattfand (Einleitung S. 171–182; Edition S. 184–189). Seine Aufnahme in diese Reihe ist durch die Rolle der Äbtissin Kunhuta von Kolovrat gerechtfertigt, die aktiv an der Krönung teilnahm. Der letzte Text (Einleitung S. 191–214; Edition S. 215–312), die Auslegung der Benediktsregel (Prag, Nationalbibl., Sign. I F 29, fol. 34r–175v), wurde um 1410 vom Prior des Klosters Ostrov Martin von Vyschehrad verfasst, der auch der Beichtvater der Benediktinerinnen von St. Georg war (1408–1409 bezeugt). Diese Auslegung wurde für eine bestimmte Nonne, Eliška von Wallenstein (in der Hs. panno Elžka genannt), geschrieben. Der Autor ließ sich vom Kommentar des Bernardus Ayglerius aus dem 13. Jh. inspirieren. Die kleinformatige Hs. war wahrscheinlich zur privaten Lektüre und zum vertieften Studium bestimmt. Martin von Vyschehrad wollte durch die Nonne Eliška, die großen Einfluss auf die Erziehung der Novizinnen hatte, eine strengere Observanz im St.-Georgs-Kloster durchsetzen. An vielen Stellen kritisiert er die Äbtissin von St. Georg. Die veröffentlichten Texte sind von unterschiedlichem Genre, geben aber bemerkenswerten Einblick (vor allem die Auslegung der Benediktsregel) in das Leben der Nonnengemeinschaft von St. Georg, die zu Beginn des 15. Jh. etwa fünfzig Mitglieder zählte.
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