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Marco Espositi, Damianite, clarisse, sorores minores: fondazioni duecentesche nel Regno di Sicilia (Bibliotheca seraphico-capuccina 112) Roma 2023, Istituto Storico dei Cappuccini, 175 S., ISBN 978-88-99702-26-7, EUR 22. – E., Spezialist für den Franziskanerorden, bietet hier ein Repertorium der in Süditalien im 13. Jh. gegründeten Frauenklöster der Orden vom heiligen Damian und der heiligen Klara. Wie Alfonso Marini (S. 5–7) in der Einleitung erklärt, geht es um unterschiedliche Gemeinschaften, die auch verschiedene Ordensregeln befolgten, die aber alle als „Franziskanerinnen“ bezeichnet werden können. Im ersten Kapitel (S. 9–17) wird der Forschungsstand zum Thema vorgestellt mit Blick auf die Werke von Historikern wie Riccardo Pratesi, Roberto Rusconi, Anna Benvenuti und anderen. Eine Gesamtstudie wie die vorliegende fehlte bisher. E.s Quellen sind vor allem die gedruckten Repertorien wie das Bullarium Franciscanum, die Annales Minorum, die Series Provinciarum, aber auch die Kanzleiregister der Anjou-Könige, die Rationes Decimarum und verschiedene Sammlungen von Papstbriefen. Dazu kommen auch einige unedierte Quellen aus dem Diözesanarchiv Chieti und dem Archivio Apostolico Vaticano. Wie der Vf. selbst mehrmals betont, handelt es sich hier um ein erstes Verzeichnis der Klöster und nicht um eine ausführliche Untersuchung. Einige Institutionen warten noch auf eine gründlichere Erforschung, so u.a. das Kloster Santa Chiara di Agnone in Molise, wo ein Bestand von Pergamenturkunden vorhanden ist (S. 89). Die Struktur des Buchs folgt der Verwaltungsgliederung des Königreichs bzw. seiner Provinzen, das zweite Kapitel (S. 19–47) erfasst die Klöster Kampaniens, das dritte (S. 49–88) diejenigen in den Abruzzen, das vierte (S. 89–98) diejenigen in Molise und Apulien und das fünfte (S. 99–108) diejenigen in Kalabrien, der Basilikata (wo es im 13. Jh. eigentlich noch gar keine Niederlassungen gibt) und Sizilien. Im sechsten Kapitel (S. 109–119) geht es, Region für Region, um Klöster, deren Zugehörigkeit zum Franziskanerorden oder Gründung im 13. Jh. nicht gesichert sind. Für jedes Kloster und jede Gemeinschaft werden alle verfügbaren Quellen aufgeführt, und es wird versucht, ihre Geschichte auch über das 13. Jh. hinaus kurz darzustellen. Es gibt hier natürlich große Unterschiede insofern, als einige Klöster wie z.B. Donna Regina in Neapel (S. 24–31) sehr viel besser dokumentiert sind als andere wie z.B. Santa Chiara in Chieti (S. 112). Im Fall des Klosters San Pietro de Molito im Cicolano (einem Grenzgebiet in der heutigen Provinz Rieti), einer Gründung der heiligen Filippa Mareri (S. 49–52), zum Beispiel ist es dem Vf. gelungen, eine gewaltige Menge an Studien und Quelleneditionen zu durchforsten. Die Ergebnisse dieser detaillierten Einzelstudien werden im siebten Kapitel (S. 121–134) zusammengefasst. Dort wird dargelegt, auch mit Hilfe von Tabellen, dass es in ganz Süditalien 33 „sichere“ und zehn „zweifelhafte“ Franziskanerinnenklöster gab, besonders viele in den Abruzzen und Kampanien (mit südlichem Latium), viel weniger in Apulien und Molise, Kalabrien und Sizilien. Der Großteil dieser Gründungen datiert in die Zeit der Staufer, nur in Kalabrien und Sizilien entstanden die wenigen Klöster erst in der Zeit der Anjou und Aragonesen. Alle mit Ausnahme von Santa Chiara in Messina waren Gründungen von Privatleuten; das wird sich im 14. Jh. mit Gründungen durch König Robert und Königin Sancha von Neapel verändern. Einige Klöster waren ehemalige Benediktinerinnengemeinschaften, die im Rahmen der Krise des Benediktinerordens in Süditalien an Franziskanerinnen übergeben wurden. Wie der Vf. betont, ist die Zahl der Klöster im Süden viel geringer als in Mittel- und Norditalien, was man auch mit der geringen Zahl von königlichen Gründungen in Verbindung bringen kann. Schließlich unterstreicht der Vf. das Nebeneinander verschiedener Ordensregeln in den franziskanischen Frauengemeinschaften Süditaliens, so dass man eigentlich noch gar nicht von einem „weiblichen Zweig“ des Franziskanerordens im Königreich Sizilien sprechen kann. Das Buch ist nicht ohne Fehler, so fehlt in der Bibliographie die Monographie von Serena Morelli (Per conservare la pace, 2012), und S. 25 wird noch die Bezeichnung basiliani verwendet, dennoch ist es von großem Nutzen und Wert. In Anlehnung an das großartige Beispiel, das Norbert Kamp mit seinen Bänden zu Kirche und Monarchie im staufischen Königreich Sizilien (1973–1982, vgl. zuletzt DA 39, 709) gegeben hat, wird hier ein Werkzeug geboten, mit dem man weitere Untersuchungen durchführen kann. Die Einträge zu einzelnen Klöstern bieten z. B. eine Reihe von Auskünften zur Spiritualität und Religiosität adliger Frauen im Süditalien des 13. Jh., die mit Gewissheit eine eingehende Untersuchung verdienen würden.

Kristjan Toomaspoeg