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Bureaucratie in wording. Studies rond de kanselarijregisters van de Hollandse grafelijkheid in de Henegouwse periode, 1299–1345, onder redactie van Jan W. J. Burgers / Everardus Cornelis Dijkhof / Gerrit van Herwijnen, Hilversum 2023, Verloren, 287 S., Abb., ISBN 978-94-6455-072-6, EUR 35. – Der Band enthält mit insgesamt elf Aufsätzen von sieben Vf. inklusive einer Einführung die Ergebnisse eines Symposiums, das 2013 anlässlich der digitalen Veröffentlichung der Register der Grafen von Holland und Hennegau (1299–1345) stattfand. Diese Veröffentlichung der 22 Originalregister (über 2200 Seiten und 3500 Urkunden) im Nationalarchiv in Den Haag war eigentlich eine mehr oder weniger logische Fortsetzung der Arbeit von A.C.E. Koch / J.G. Kruisheer / E.C. Dijkhof, Oorkondenboek van Holland en Zeeland tot 1299. Die immer komplexer werdende Verwaltung der Grafschaften Holland und Seeland erforderte ab dem Ende des 13. Jh. eine zunehmende Professionalisierung. Dazu brauchte man auch eine effiziente Registratur. Die 1316 angefangene Registerreihe stellte daher einen wichtigen Schritt in einer immer weiter fortschreitenden Bürokratisierung dar, bei der amtliche Dokumente nach mehr oder weniger festen Regeln und Gewohnheiten erfasst wurden. Die 22 Register sind geographisch aufgeteilt (niederländische Gebiete, aber auch Hennegau und Deutschland-England). Die Urkunden wurden größtenteils in doppelter Ausfertigung erstellt. Inhaltlich ist das Ganze nicht immer konsistent. So enthalten die Register hauptsächlich vom Grafen ausgestellte, aber auch für ihn bestimmte Urkunden und andere für die Verwaltung der Grafschaft wichtige Texte wie z. B. Listen von Lehen und Lehnsträgern wurden aufgenommen. Dijkhof (S. 114–158) stellt fest, dass sogar eine beträchtliche Anzahl älterer Urkunden einbezogen wurde, was die Register einem Kopiar annähert. Die Aufsätze lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Beiträge zur Geschichte des gräflichen Archivs und der Register sowie historische Forschungen anhand der Register. Jan W. J. Burgers (S. 11–25) beschreibt zunächst die Geschichte des Archivs der Grafen von Holland im Zeitraum 889–1350. Ende des 13. Jh. war dieses Archiv ein integraler Bestandteil der gräflichen Verwaltung. Man unterschied zwischen Urkunden, die man mit anderen Wertgegenständen als einen ‘Schatz’ betrachtete, dem höchste Bedeutung beigemessen wurde, und den laufenden Verwaltungsakten in Form von Registern oder Rechnungsbüchern. In einem zweiten Beitrag (S. 55–92) befasst sich B. mit der Protokollierung, der Struktur und den äußeren Merkmalen der Register. Dies gibt einen Einblick in das Verhältnis zwischen Graf und Kanzlei. Rik Hoekstra (S. 26–54) bietet eine Analyse der Register in Bezug auf Daten, Personennamen, Orte und Themen auf der Grundlage von Metadaten und Schlüsselwörtern, die den Texten in den Registern zugeordnet sind. Valeria van Camp (S. 93–113) zieht einen Vergleich zwischen den niederländischen Registern und den Urkunden aus dem Hennegau (Holland, Seeland und Hennegau waren seit 1299 in Personalunion verbunden). Ein „Register Hennegau“ befindet sich in Den Haag und wurde ebenfalls in der Kanzlei des Grafen von Holland erstellt, die übrigen Register befinden sich in den Archives Départementales du Nord (Lille). V. C. stellt fest, dass sich die Registratur dort von der in Holland unterscheidet, wo die Register nach Regionen geführt wurden. Hans Smit (S. 159–183) erstellt anhand der Register ein Itinerar Graf Wilhelms III. Dieses ist mehr als nur ein Überblick über die Aufenthaltsorte eines herumziehenden Landesherrn. Es zeigt auch, wo die Schwerpunkte der Verwaltung lagen und welche Verschiebungen es hier gab. Anschließend beschreibt Burgers (S. 184–215), wie die Grafen von Holland versuchten, vor allem in der (damaligen) Grafschaft Jülich und in der Gegend um Köln herum rheinische Adlige durch Geld- und Güterlehen an sich zu binden. Aus familiären Gründen wollten die Grafen von Holland hier politischen Einfluss gewinnen und gleichzeitig die Brabanter Expansion in diesem Gebiet zurückdrängen, weil Brabant nach der Schlacht bei Worringen (1288) bis vor die Tore der Stadt Köln vorgerückt war. Peter A. Henderikx (S. 216–236) beschreibt den Einfluss des Feudalrechts auf die Beziehungen zwischen dem niederen Adel auf der Insel Walcheren in Seeland und dem Grafen. Einerseits zog der Graf verfallene Lehen an sich, andererseits gelang es ihm, die Adligen durch die Besetzung von Ämtern an sich zu binden. Aufgrund seines rechtshistorischen Charakters fällt der Beitrag von Arnold Oppelaar (S. 237–275) etwas aus dem Rahmen, ist aber sicherlich nicht weniger interessant. Der Vf. befasst sich mit dem Curmuth, dem Recht eines Grundherrn, in diesem Fall des Grafen, auf einen Teil des Nachlasses (Vieh, Haushaltsgegenstände) eines von einer (Grund)herrschaft Abhängigen. In Holland scheint dieses Recht durch Abtretung im 14. Jh. weitgehend verschwunden zu sein. O. lädt einerseits zu weiteren Forschungen über Holland ein, er bietet aber auch eine interessante Perspektive für einen Vergleich mit den östlichen und südöstlichen Niederlanden, wo dieses Recht bis zum Ende des Ancien Régime bestand. Das Buch ist interessant für Spezialisten, die sich mit der Geschichte der ma. Registratur und mit Urkunden befassen. Gleichzeitig zeigen die historischen Beiträge auch die Nutzungsmöglichkeiten der Register für verschiedene Gebiete der Forschung.

Jacques van Rensch