Warren C. Brown, Beyond the Monastery Walls. Lay Men and Women in Early Medieval Legal Formularies, Cambridge 2023, Cambridge Univ. Press, XIV u. 385 S., Abb., ISBN 978-1-108-47958-5, GBP 29,99. – Unter Laien versteht B. alle Menschen, die weder Priester noch Mönch waren (S. 15). Doch anders als der Titel es vermuten lässt, handelt es sich weniger um eine Studie über jene Menschen und die gesellschaftlichen sowie politischen Kontexte, in denen sie agierten. Das Augenmerk der Untersuchung liegt vielmehr auf den Texten der im Untertitel erwähnten Formelsammlungen. B. distanziert sich in der Schlussbetrachtung sogar offensiv von Versuchen, die abebbende Relevanz der Quellengattung an der Wende zum Hoch-MA mit Bezug auf die Welt jenseits der Formeln zu erklären (S. 338). Die Geschichte jener Texte soll also erschlossen werden, und zwar offenbar für ein breiteres Publikum. Dies legen zumindest umfangreichere Ausführungen zu allgemeinen Aspekten der Karolingerzeit ebenso nahe wie die Tatsache, dass nahezu ausschließlich in englischer Übersetzung aus den Quellen zitiert wird. Dabei werden insbesondere potentielle Nutzungskontexte behandelt sowie jene Bestandteile der Sammlungen, die sich mit Besitzungen, Familien, Konflikten und Konfliktlösungen, Beziehungsgefügen sowie Freiheit und Unfreiheit beschäftigen. Diese Themen erschließt B. entlang der Collectio Flaviniacensis, genauer gesagt entlang der in Flavigny entstandenen Hs. Paris, Bibl. nationale de France, lat. 2123. Die kritische Distanz zu den vorliegenden Editionen, die Wertschätzung der hsl. Überlieferung besticht. Im Durchgang durch die einzelnen Themen vergleicht B. die entsprechenden Passagen immer wieder mit verwandten Texten aus anderen Sammlungen. B. macht durchaus deutlich, dass seine Quellen keinen Zugriff auf frühma. Lebenswelten erlauben, sondern nur auf Denkmodelle (S. 323), die darüber hinaus unberührt vom Lauf der Zeit und den damit verbundenen Transformationen in den Formeln fortbestanden. Besonders interessant wird es allerdings an jenen Stellen, an denen Gedanken zur Welt jenseits der Modelle aufscheinen. So regen seine Überlegungen zu Archivierungspraktiken von Laien (S. 122–136) zu weiteren Nachforschungen an. Auch wäre es wünschenswert, wenn B.s Befunde zu den Gesellschaftsmodellen künftig mit den Erkenntnissen der reichen Forschungstradition zu Ordnungsschemata der sozialen Wirklichkeit abgeglichen würden sowie derjenigen zum Verhältnis von Freiheit und Unfreiheit. Ein Vergleich mit Patrick Gearys Studien zur frühma. Konfliktpraxis würde sich anbieten, um die entsprechenden Passagen der Formelbücher konkreter zu kontextualisieren.
Katharina Ulrike Mersch