DA-Rezensionen online

Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,2 (2024) *.

Sie bleibt nach Erscheinen der Printausgabe online verfügbar.

Il processo di canonizzazione di Rosa da Viterbo (1457), a cura di Attilio Bartoli Langeli / Eleonora Rava (Fonti e studi Francescani 17 – Fonti 1) Padova 2022, Centro Studi Antoniani, LXXVIII u. 293 S., ISBN 978-88-95908-22-9, EUR 70. – In diesem Band wird die wichtigste Hs. zum Kanonisationsprozess der Rosa von Viterbo († 1251/52) erstmals in Gänze ediert. Es handelt sich um das Registrum in causa canonizationis beate Rose virginis de Viterbio Tertii ordinis Minorum Sancti Francisci, hervorgegangen aus einem Verfahren, das von März bis Juli 1457 in Viterbo zur Anhörung von über 250 Zeugen führte. Als Subdelegaten einer Kardinalskommission, die Papst Calixt III. benannt hatte, leiteten die beiden Bischöfe Johannes von Viterbo und Toscanella und Nikolaus von Orte und Civita Castellana die Untersuchung. Unter den drei beteiligten Notaren ist besonders Polidorus von Montefiascone zu erwähnen. Von ihm stammt die erhaltene Reinschrift der Akten (in der Ausgabe mit der Sigle A versehen, Archivio generale della Federazione delle Clarisse urbaniste d’Italia, Archivio storico del monastero di Santa Rosa in Viterbo, Materiali per canonizzazioni, ms. 1). Sie enthält sehr unterschiedliches Material, nämlich Urkunden zur Einleitung des Prozesses und Schreiben zahlreicher Unterstützer, vor allem aus Tuszien, dazu Rosas Vita und die Zusammenfassung der Wunder, außerdem Prozessartikel und Protokolle der Zeugenverhöre. Hieraus wurden Leben und Mirakel schon 2020 herausgegeben, größtenteils ebenfalls aus A (hierzu vgl. DA 79, 306f.). Erstmals ediert werden nun die genannten Urkunden und Prozessmaterialien, insbesondere die Artikel und die Einlassungen der Zeugen. Da die Aussagen letzterer sich oft auf die Nummern der Wunder oder der Artikel zum Leben beziehen, scheint deren erneuter Abdruck sinnvoll. Unter den bisher ungedruckten Materialien betreffen einige die typischen Formalitäten, darunter Schreiben zur Findung und Benennung der Kommissare und Subdelegaten und zur Konstitution der örtlichen Untersuchung. Zu erwähnen sind ein Aushang in der Volkssprache, in dem Zeugen zum Erscheinen aufgerufen wurden, oder das Protokoll über die Besichtigung von Rosas Grab durch die Kommissare, die dort bildliche Darstellungen von Wundern sowie Votivgaben vorfanden. Referiert werden weiterhin die Aussagen zahlreicher Zeugen, mehrheitlich Frauen. Sie betreffen auch Rosas Leben, wobei außer Verformungen (etwa Friedrich II. als Barbarossa) mitunter örtliche Erzähltraditionen, die Wirkung von Predigten oder Bildern zu bemerken sind. Für die Verehrung Rosas werden Besuche der Kaiser Sigmund (1433) und Friedrich III. (1452) an ihrem Grab und der große Andrang ultramontaner Verehrer während des Jubeljahrs 1450 angeführt. Persönliche Erlebnisse, wie Träume oder die Beobachtung von Heilungen, kommen ebenfalls zur Sprache. Schon bei der Einleitung des Prozesses waren Notare aus der Kölner Diözese tätig, die zum Umfeld des Kardinals Domenico Capranica gehörten. In der Edition (S. 22, auch S. 19) erscheint kommentarlos Iohannes Moer de Xanct(o), wo Xanctis zu lesen sein wird, also Johannes Moer, der 1452 an der Kurie zum Priester geweiht wurde, 1455 Sekretär des Kardinals Capranica, 1473 Offizial von Xanten war und noch 1480 lebte. Iohannes de Lempe (S. 25) scheint Johannes von Lennep (de Lenepe) zu sein, der 1456 Familiar Capranicas war. Nur selten stolpert man über Begriffe, wie bei der Zeugin namens Vitorbese, die maskulin als alter testis erscheint (S. 220). Dem Leser bleibt es ferner überlassen, die Neusignierung der wichtigsten Hss. gegenüber der Ausgabe von 2020 zu ermitteln, zu der man sich mehr Querverweise gewünscht hätte. Insgesamt ist durch die Editionsarbeit der Hg. ein sehr gut lesbarer Text entstanden, dem eine instruktive Einleitung vorangestellt ist. All das ist durch mehrere Register erschlossen. Überaus hoch zu schätzen ist der Umstand, dass damit endlich ein weiterer Kanonisationsprozess des 15. Jh. für vertiefende Forschungen zur Verfügung steht.

Otfried Krafft