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Franz-Reiner Erkens, Hals zwischen Passau und dem Reich. Quellen und Studien zu einer Grafschaft an der Ilz (Materialien zur bayerischen LG 28) München 2023, Kommission für bayerische Landesgeschichte, 182 S., 15 Tafeln, ISBN 978-3-7696-0428-3, EUR 35. – Der Investiturstreit hat im ostbayerischen Raum besonders tiefgreifende Veränderungen bewirkt: Nach der Entmachtung der Grafen von Vornbach durch Heinrich IV. bildeten sich hier mehrere kleinere Adelsherrschaften, die sich wie ein Kranz um die Bischofsstadt Passau lagerten. Einige von ihnen, wie die Grafschaft Ortenburg, bestanden bis in napoleonische Zeit. Die Herrschaft Hals, deren Inhaber 1280 in den Grafenrang aufstiegen, ging 1375 auf dem Erbweg an die Landgrafen von Leuchtenberg, wechselte dann aber ab 1485 mehrfach den Besitzer, ehe sie 1517 endgültig von den bayerischen Herzögen aufgekauft wurde. Obwohl die Grafschaft nachweislich immer wieder vom König als Lehen ausgegeben worden war, beanspruchte der Passauer Bischof Christoph Schachner ab 1494 die Lehnshoheit für sich. Die Gründe dafür sind unklar, jedenfalls hatte er damit keinen Erfolg, und seine Bemühungen verliefen schon drei Jahre später im Sand. Der schmale Band bietet keine Gesamtgeschichte der Grafschaft Hals, sondern beleuchtet, wie schon der Titel bei näherem Hinsehen zu verstehen gibt, speziell diese Auseinandersetzung um die Lehnshoheit zwischen Schachner und König Maximilian I. Der erste Teil (S. 7–61) ist eine gründliche Darstellung dieses Rechtsstreits mit einem Rückblick bis ins 14. Jh., im zweiten Teil (S. 63–142) werden 50 einschlägige Dokumente von 1280 bis 1517 ediert, überwiegend bislang ungedruckte Originalüberlieferungen, von denen die wichtigsten außerdem im Anhang als Farb-Faksimiles abgebildet sind. Bis auf einige kleinere Versehen (etwa Confiramcion S. 112 und iuramentum calumine S. 116) ist die Edition vollauf gelungen, allerdings erfasst das Register (wohlgemerkt mit Absicht!) nicht alle darin vorkommenden Orts- und Personennamen. Als kultur- und wirtschaftsgeschichtlich interessantes, leider ebenfalls nicht über das Register erschlossenes Detail am Rande sei vermerkt, dass bei den Pertinenzbeschreibungen in den Urkunden mehrfach das Recht zur Perlenfischerei erwähnt wird. – Wer mehr über die Geschichte der Grafschaft Hals erfahren möchte, sei auf zwei andere Publikationen desselben Vf. verwiesen: Franz-Reiner Erkens, Zwischen Bayern, Böhmen und Passau: Das Land an der Ilz, in: Stefan Hundsrucker (Hg.), 1368. Auf den Spuren von Ritter Tuschl (2018) S. 55–103; ders., Passauer Jb. 63 (2021) S. 329–366 (vgl. DA 78, 844). Die erste davon ist leider nur in wenigen Bibliotheken vorhanden, die zweite beschränkt sich wiederum inhaltlich auf den Rechtsstreit um die Lehnshoheit Ende des 15. Jh.

Roman Deutinger