Beñat Elortza Larrea, Polity Consolidation and Military Transformation in Medieval Scandinavia. A European Perspective, c. 1035–1320 (The Northern World 94) Leiden / Boston 2023, Brill, 382 S., Abb., ISBN 978-90-04-51877-3, EUR 133. – Den Zusammenhang zwischen Entwicklungen in der Militärtechnik und der Ausbildung staatlicher Institutionen in mehreren Ländern über mehrere Jahrhunderte hinweg zu ergründen, ist für eine Diss. ein ziemlich weit gefasstes Thema; man würde hinter diesem Titel eher die Summe eines langen Forscherlebens erwarten. Und darin liegt auch schon die Crux dieses Buchs: Es kann gar nicht anders, als über weite Strecken bloß die Ergebnisse und Thesen anderer Leute zusammenzufassen. Dies macht sich vor allem im ersten Teil (S. 33–68) unschön bemerkbar, der den europäischen Hintergrund beleuchten will und zu diesem Zweck die Entwicklungen in Staat und Gesellschaft in Deutschland, Frankreich und England vom 11. bis zum 14. Jh. skizziert. Dies geschieht weitgehend anhand von englischsprachigen Handbüchern, von denen manche schon etliche Jahre auf dem Buckel haben, und dass wichtige Punkte gegenwärtig in der Diskussion stehen, erfährt man nur selten. Weitaus besser gelingt die Zusammenführung der Einzelforschungen bei der Behandlung der drei nordischen Länder Dänemark (S. 69–152), Norwegen (S. 153–242) und Schweden (S. 243–323), denn hier wird durchweg auf aktuelle Spezialliteratur in den jeweils einschlägigen Sprachen rekurriert. Wiewohl man das alles weitgehend auch anderswo finden kann (vgl. z.B. DA 65, 426f., DA 67, 914 und DA 71, 426f.), sind diese Abschnitte doch als eine schöne und brauchbare Einführung in die Verfassungsentwicklung der nordischen Staaten zu lesen. Allerdings muss besonders in den frühen Zeiten vieles spekulativ bleiben; auf fast jeder Seite zu diesen Aspekten liest man deshalb Ausdrücke wie „unclear“, „far from clear“, „unknown“ oder bestenfalls „likely“ und „possibly“. Und dass so manche Aussage eher auf Deduktion anhand weniger und vager Indizien beruht als auf echter Quellenevidenz, lässt sich auch kaum vermeiden. Wirklich Freude machen hingegen diejenigen Passagen, die anhand von Schrift-, Bild- und Sachquellen die Entwicklung der Militärtechnik in den einzelnen Ländern nachzeichnen; sie sind der eigentliche, vollauf gelungene Kern der Untersuchung. Überzeugend ist deshalb auch das Ergebnis, dass diese Entwicklung in den drei Ländern verschieden verlaufen ist, weil die Voraussetzungen jeweils unterschiedlich waren. In Dänemark etwa machte sich der Druck von Seiten der südlichen Nachbarn stets stärker bemerkbar als in den anderen beiden Ländern, weshalb dort viele militärische Innovationen – man möchte beinahe sagen: notgedrungen – früher übernommen wurden. Dagegen wäre die für Jahrhunderte gesellschaftsprägende, den Adel als solchen definierende Regelung in Schweden, dass keine Steuern zu zahlen brauchte, wer persönlich zu Pferd Kriegsdienst leistete, vor dem Ende des 13. Jh. noch sinnlos gewesen, weil Ritter in der vorausgehenden Zeit hier noch kein militärisch bedeutender Faktor waren. Kurzum: An dem Buch erscheint manches überflüssig, aber dort, wo es zur eigentlichen Sache geht, wird man doch gründlich belehrt.
Roman Deutinger