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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,2 (2024) *.

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Poggio Bracciolini, Eulogies. Six Laments for Dead Friends, ed. and translated by Jeroen De Keyser / Hester Schadee, Gent 2023, Lysa, 300 S., ISBN 978-94-6475-310-3, EUR 49. – Der Band bietet die erste editio critica (mit englischer Übersetzung und Kommentar) der sechs Trauerreden Poggio Bracciolinis (1380–1459, ein Pionier des italienischen Quattrocento-Humanismus) für sechs Koryphäen im Italien des frühen 15. Jh. Drei dieser Persönlichkeiten waren eng mit der humanistischen Bewegung in Florenz verbunden: Leonardo Bruni († 1444), Humanist und Kanzler der Florentiner Republik von 1427 bis zu seinem Tod, Niccolò Niccoli († 1437), ‘Meister’ und enger Freund Poggios, Lorenzo de’Medici der Ältere († 1440), Cosimos Bruder und seine politische rechte Hand. Die anderen drei Personen, denen eine oratio funebris gewidmet ist, sind Kardinal Francesco Zabarella, dem die erste von Bracciolini verfasste Trauerrede gilt, die der Autor selbst 1417 auf dem Konstanzer Konzil vortrug, Kardinal Niccolò Albergati († 1443) und Kardinal Giuliano Cesarini († 1444). Alle diese Männer werden von Poggio als ideale Kirchenfürsten dargestellt. Der Gewinn des Bandes besteht nicht nur darin, die Trauerreden Poggio Bracciolinis zugänglich zu machen, sondern auch zu zeigen, dass sie zur Kodifizierung des Genres beitrugen, das zu einem der produktivsten der humanistischen epideiktischen Redekunst wurde. Über die kritische Edition der Reden und ihre Übersetzung hinaus (S. 101–275) bietet er eine Einleitung in fünf Abschnitten, die größtenteils von Sch. verfasst wurden: die Biographien Poggios und der sechs von ihm Geehrten (S. 11–17); Entstehung der Reden und Genre der Trauerrede mit besonderem Augenmerk auf den Besonderheiten, die das Genre der oratio funebris bei Poggio zeigt (S. 18–31); Lob der Toten zwischen privaten Tugenden, öffentlichem Leben und Ausübung der studia humanitatis (S. 32–52); Poggios Teilnahme an den Konzilien von Konstanz und Basel (S. 53–66); schließlich die Textüberlieferung der sechs Trauerreden, von D. K. (S. 67–99). Dieser letzte Abschnitt ist besonders wichtig, da hier die komplexe Überlieferungsgeschichte der Texte mit großer Detailgenauigkeit rekonstruiert wird: Tatsächlich wurde Poggios erste Trauerrede sofort von ihm und anderen verbreitet; anschließend nahm Poggio die frühen Reden in seine Briefsammlung auf, bevor er sie als Ganzes neu herausgab. Die in diesem Band vorgelegte kritische Ausgabe basiert auf der endgültigen Redaktion, die der Autor selbst extrema manu vorgenommen hat (im Gegensatz zu früher gedruckten Versionen, die auf willkürlichen Kombinationen aus verschiedenen – und unterschiedlichen – Quellen beruhten). Der Band endet mit einer ausführlichen Bibliographie und drei Registern: Index codicum, locorum, nominum (S. 289–300).

Ludovica Sasso