Onorio III, i frati Minori e la Regola del 1223. Atti del Convegno Internazionale di Studi (Roma, 12–13 maggio 2022), a cura di Antonella Dejure / Christian Grasso / Marco Guida / Juri Leoni / Massimo Miglio / Sara Muzzi (Nuovi studi storici 128) Roma 2023, Istituto Storico Italiano per il Medio Evo, XIII u. 474 S., 8 Abb., ISBN 978-88-31445-34-4, EUR 40. – Die Studien zum Pontifikat des Cencio Savelli als Papst Honorius III. (1216–1227) haben in den letzten Jahrzehnten eine erstaunliche Dynamik entwickelt, waren sie doch Thema mehrerer wissenschaftlicher Kongresse und Gegenstand diverser Monographien. Die Fachtagung, deren Akten dieser Band in 15 Beiträgen versammelt, bot der Beschäftigung mit Honorius III. eine weitere Plattform, u.a. mit einem Fokus auf dessen Ordenspolitik. Darunter fällt die Befassung mit dem jungen Minderbrüderorden und die Bestätigung von dessen Regel (Solet annuere vom 29. November 1223). – Hat die rezente Forschung Honorius III. neu profiliert und aus dem historiographischen Schatten seines unmittelbaren Vorgängers (Innocenz III.) und Nachfolgers (Gregor IX.) heraustreten lassen, so zeichnen auch die ersten Aufsätze das Bild eines selbstbewussten Papstes: Cencio Savelli akzentuiert die rituell-symbolische Selbstdarstellung des Papsttums (Agostino Paravicini Bagliani, S. 1–14), bedient sich des Kurienapparats als eines „nützlichen Herrschaftsinstruments“ (Werner Maleczek, S. 15–81, hier S. 79), zentralisiert den Kanonisationsprozess und die Aufsicht über das Ordenswesen (André Vauchez, S. 83–92; Simona Paolini, S. 115–131) und nutzt die Predigt als Instrument für Pastoral, Kreuzzugswerbung und Häretikerabwehr (Christian Grasso, S. 93–113). Für die weitere Forschung wäre jedoch die kritische Edition des homiletischen Werks des Papstes und des Registers des Savelli-Pontifikats ungemein wichtig. – Die nächsten beiden Beiträge thematisieren die Entwicklung des Minoritenordens zur Zeit Honorius’ III. Felice Accrocca (S. 133–172) skizziert wichtige Etappen, die u.a. durch einige bedeutsame päpstliche Briefe zugunsten der Minderbrüder markiert werden, so etwa zur Einführung des Noviziatsjahres (1220), zur Gewährung des Tragaltars (1224) und zu den Befugnissen der Missionare in Marokko (1225). Der vielleicht wichtigste Beitrag von Marco Guida (S. 173–200) arbeitet anhand der Analyse einschlägiger Passagen der Compilatio Assisiensis die Spannungen zwischen Franziskus und den Provinzialministern im Zusammenhang mit der Abfassung der Regel von 1223 heraus. In diesem Licht erscheint die römische Kurie als Verbündete des Franziskus und nicht etwa, wie seit Sabatier oft kolportiert, als Ausbremserin eines Kirchenrebellen. Wichtige Einzelfragen wurden hier leider ausgespart, so die Haltung des Franziskus zum 5. Kreuzzug, für den sich Honorius III. so sehr engagierte, sowie die Rolle des Papstes in der Frage nach der Motivierung des Diakonats des Ordensgründers. – Weitere Beiträge beschäftigen sich mit der hsl. Verbreitung der bullierten Regel. Während Michael J. P. Robson (S. 201–231) sieben Textzeugen bis 1259 miteinander vergleicht, interpretieren Marco Cursi / Antonella Dejure (S. 233–276) ein Corpus von 17 italienischen Übertragungen, vorwiegend aus dem 15. Jh. Anna Gaspari (S. 277–317) ediert auf der Grundlage von Bibl. Apostolica Vaticana, Vat. gr. 1122 und 1093 (letztere Hs. ein neuer Fund in diesem Zusammenhang!) ein kretisches Regelfragment (RegB I–IV). Im letzten mediävistisch relevanten Aufsatz stellt Francesco Carta (S. 319–336) einige Regelkommentare observantischer Provenienz aus dem 15. und frühen 16. Jh. vor. Die zuletzt genannten Beiträge zeigen gut die verschiedenen kulturellen Milieus und z.T. die inhaltlichen Kontexte der Mischhss. auf, in denen die Ordensregel tradiert und interpretiert wurde – eine Regel, die zu glossieren Franziskus selbst verboten hatte, die aber dennoch zum meistkommentierten normativen Text des MA avancierte (so Jacques Dalarun in seinem Schlusswort, S. 443–455, hier S. 454). Der Band ist mit einem Verzeichnis der zitierten Hss. (ohne Seitenverweise) versehen (S. 459–462).
Benedikt Mertens