Élisabeth Lusset / Clément Pieyre, La Pénitencerie apostolique sous Innocent VIII (1484–1492). Les suppliques de declaratoriis du royaume de France (Sources et documents publiés par l’École française de Rome 13) Rome 2024, École française de Rome, 519 S., 5 Karten, 4 Abb., ISBN 978-2-7283-1806-3, EUR 42. – Die seit 1983 zugänglichen Register der Apostolischen Pönitentiarie in Rom enthalten zehntausende Gnadengesuche aus der Christenheit an den Papst wegen aller möglichen kirchenrechtlichen Vergehen. Sie bieten, wie Arnold Esch gezeigt hat (vgl. DA 66, 676 und DA 72, 661), einen bislang verschlossenen Einblick in das Leben von Bittstellern aller Stände, von Klerikern wie Laien. Seither sind für einige Diözesen Editionen dieser wertvollen Quellen erschienen (England und Wales: Clarke / Zutshi, vgl. DA 71, 230.235.668; deutschsprachiger Raum: Repertorium Poenitentiariae Germanicum, vgl. DA 52, 674 bis DA 65, 648). Deklaratorische Suppliken sind besonders aussagekräftige Quellen. Es handelt sich um von Prokuratoren aufgesetzte Bitten um eine Erklärung der Pönitentiarie zu einer vom Bittsteller geschilderten kirchenrechtlich fragwürdigen Handlung, die demselben, etwa durch üble Nachrede (mala fama), unterstellt wird. Die Supplik wird an der Pönitentiarie daraufhin untersucht, ob die Falldarstellung im Text kanonisch unbedenklich ist. Falls dem so ist, wird die Unbedenklichkeit per Deklaration bescheinigt. Diese ist erst gültig, nachdem mindestens zwei dazu bestellte Kleriker in der Heimatdiözese des Gesuchstellers den Wahrheitsgehalt (die veritas precum) der in der Supplik gebotenen Falldarstellung überprüft haben. Bei Unwahrheit ist die Deklaration ungültig und wird als erschlichen (subreptitia) bezeichnet. Nach einem präzisen Abriss der Geschichte des päpstlichen Gnadenamts, des aktuellen Forschungsstands, der geographischen Verteilung der Suppliken sowie der Beziehungen Frankreichs zur päpstlichen Kurie unter dem Cibo-Papst (S. 7–50) edieren die Hg. aus den Bänden 34–41 des Archivs der Pönitentiarie 287 deklaratorische Suppliken aus 87 (der 134) Diözesen Frankreichs im lateinischen Volltext mit einer vorangestellten Zusammenfassung des Inhalts in französischer Sprache (S. 55–476). 56 Suppliken behandeln Eheprobleme, in 200 Fällen geht es um Mord, wobei einige wenige auch in den königlichen lettres de rémission aufzufinden sind. Eine umfassende Bibliographie, ein Index der Orte und Personen sowie ein Sachindex beschließen den Band. Diese vorzügliche und ausgezeichnet dokumentierte Studie sollte Ansporn sein für weitere Editionen von Suppliken aus der Pönitentiarie, vor allem für Frankreich, Italien und Spanien.
Ludwig Schmugge