Women Intellectuals and Leaders in the Middle Ages, ed. by Kathryn Kerby-Fulton / Katie Ann-Marie Bugyis / John van Engen, Woodbridge 2020, Boydell & Brewer, XV u. 420 S., 16 Abb., ISBN 978-1-84384-555-3. – Der Sammelband publiziert 21 Beiträge einer 2015 an der Univ. of Notre Dame abgehaltenen interdisziplinären Tagung zu „medieval women as serious thinkers“ (S. 2) und umfasst zudem eine Einleitung von K.-F. (S. 1–18) sowie einen kurzen Epilog von v. E. (S. 397–401). Ausgehend von den in den ma. lateinischen Quellen bereitgestellten Begriffen doctrix, auctrix, scriptrix, magistra und apostola werden eine große Bandbreite an Themen und einschlägigen Fragestellungen präsentiert und dabei auch Fragen der Rezeption und Überlieferung sowie des Umgangs mit den Texten von Frauen in verschiedenen Kulturen und Religionen über das gesamte MA hinweg berücksichtigt. In sechs Teilabschnitten, die jeweils durch thematische Hinführungen eingeleitet werden, werden Gelehrsamkeit und Autorschaft muslimischer, jüdischer und christlicher Frauen diskutiert. Neben geistlichen werden weltliche Frauen an königlichen Höfen und in Städten in diversen Führungspositionen und mit unterschiedlichen Bildungswegen in den Blick genommen. Nicht nur bekannte Frauen wie Katharina von Siena und Christine de Pizan, sondern auch weniger bekannte Frauen und deren Texte werden vorgestellt, neben Mystikerinnen auch Autorinnen, die historiographische, administrative und rechtliche Texte oder Testamente, Briefe, Glossen und Dialoge verfassten und kopierten. Exemplarisch plausibel gemacht werden Mitarbeit und Mitautorschaft von Frauen bei der Abfassung von Texten männlicher Autoren sowie die Zuschreibung anonym überlieferter Texte an Frauen (Part 3 u. 4, S. 149–250). Die Aktualität des Bandes resultiert aus der Verknüpfung von Bildung und Gelehrsamkeit ma. Frauen mit der Frage nach weiblicher ‘agency’ und Handlungsfeldern, die auf Patronage, Leitungskompetenz und kirchliche Funktionen (Part 5, S. 253–334) sowie Führungsfunktionen in weltlichen Kontexten (Part 6, S. 337–395) ausgerichtet sind. Insgesamt wird damit ein weiterer wichtiger Baustein für einen komplexen Fragenkatalog geliefert und aufgezeigt, dass Frauen in der Vormoderne, obwohl sie von universitärer Bildung und vielen Ämtern ausgeschlossen waren, dennoch aufgrund ihrer Bildung und in ganz unterschiedlicher Weise an den Debatten ihrer Zeit Anteil nahmen. Ein Personen-, Orts- und Werkindex erschließt den Band.
Amalie Fößel
(Rezensiert von: Amalie Fößel)