Eckhart Pick, Die Sprache der Münzen. Am Beispiel von Mainzer Münzen und Medaillen vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Gleichzeitig ein Beitrag zur Positionierung der Numismatik, Regenstauf 2023, Battenberg Gietl Verlag, 128 S., 117 Abb., ISBN 978-3-86646-243-4, EUR 19,90. – „Münzen waren ein wichtiges Bild- und Massenmedium des Mittelalters und sind in dieser Eigenschaft bisher noch wenig ausgewertet worden“. Diese von Bernd Kluge 2007 im Rahmen seiner Einführung Numismatik des Mittelalters (vgl. DA 65, 724f.; hier S. 49) formulierte Feststellung hat auch heute noch nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Und um es gleich vorwegzunehmen: An diesem allgemeinen Forschungsdesiderat ändert auch die vorliegende Publikation grundsätzlich nichts. Aber sie liefert einen überaus wichtigen Beitrag dazu, aufzuzeigen, was möglich ist, wenn man die „Art und Wirkung der … verwendeten Gestaltungsmittel“ (S. 10) ma. und neuzeitlicher Münzen systematisch untersucht. Untersuchungsgegenstand sind in diesem Fall die Prägungen – vor allem Goldgulden – des 1386 gegründeten Rheinischen Münzvereins. Eingangs umreißt der Vf. den zutreffenden Befund, dass sich die Numismatik häufig zu vertraglichen (juristischen), geldgeschichtlichen (ökonomischen) und metrologischen (technischen) Aspekten der Prägung geäußert hat, Bild und Schrift der Münzen bei der Analyse aber weitestgehend außer acht lässt. Hinzu kommt ein weitgehendes Desinteresse benachbarter Disziplinen wie der Kunstgeschichte oder der Kulturwissenschaften an Münzen, dem allerdings häufig eine ebenso große Gleichgültigkeit der Numismatik gegenüber aktuellen Fragestellungen dieser Wissenschaften entspricht. Insbesondere Aspekte der symbolischen Kommunikation auf Münzen – seien sie ikonographischer oder paläographischer Art – sind bislang nur am Rande in Aufsatz- oder Sammelbandform behandelt worden. Die letzte systematische Monographie zum Thema von Ferdinand Friedensburg (Die Symbolik der Mittelaltermünzen, 1913–1922) ist sowohl in ihren Zuweisungen der Gepräge als auch in ihren Interpretationen der Bildmotive in großen Teilen als veraltet und überholt anzusehen. Ein interdisziplinärer Ansatz abseits der üblichen Erstellung umfangreicher Geprägekataloge zu einzelnen Münzständen und Münzherren sowie eine Öffnung für in der (Geschichts-)Wissenschaft aktuell geführte Forschungsdiskurse würde auch der Numismatik guttun, um in Universität und Öffentlichkeit wieder stärker wahrgenommen zu werden. Mit P. legt ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet nun eine monographische Interpretation der Bild-Sprache und Schrift-Sprache der Münzen des Rheinischen Münzvereins vor, die zudem für Nicht-Numismatiker kurzweilig zu lesen und reichhaltig bebildert ist, ohne ein neues Katalog- und Zitierwerk zu sein – was lediglich insoweit schade ist, als gerade die Mainzer Münzgeschichte ein solches Werk bitter nötig hätte. Der Anspruch des Vf. ist jedoch ein anderer: zu erläutern, welche Bedeutung und Wirkung Münzen als Kommunikations- und Massenmedien für ihre Zeitgenossen hatten. Diesem Anspruch wird die Publikation in jedem Fall gerecht. Mit sehr viel Detailwissen und Sachverstand untersucht er die Inschriften und Insignien der Münzen und kommt bei der Deutung von Wahlsprüchen, Titulaturen und Kürzungszeichen zu interessanten Ergebnissen. Selbst wenn man dabei nicht jeder seiner Interpretationen folgen möchte, kann das Buch als lesenswerter Aufruf verstanden werden, der Numismatik und Geldgeschichte eigene Untersuchungen aus den Hilfs- und Nachbardisziplinen der Geschichtswissenschaften vorzulegen.
Sebastian Steinbach
(Rezensiert von: 59329 Wadersloh-Liesborn)