Peter Riedel, Mit Mitra und Statuten. Bischöfliches Handeln in der spätmittelalterlichen Diözese Brandenburg (Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte 19) Berlin 2018, Lukas Verlag, 271 S., ISBN 978-3-86732-264-5, EUR 30. – Diese von Heinz-Dieter Heimann an der Univ. Potsdam betreute Diss. ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Auf der einen Seite steht mit Brandenburg eine Diözese im Mittelpunkt, die aus mediävistischer und landeskirchengeschichtlicher Sicht eher selten betrachtet wird. Auf der anderen Seite ist hervorzuheben, dass das bischöfliche Handeln im Zentrum steht, nicht die Wirksamkeit der Bischöfe als Landesherren und Territorialpolitiker. Man mag zunächst skeptisch fragen, ob sich dafür ausgerechnet eine Diözese im mitteldeutschen Osten, die im 16. Jh. der Reformation anheimgefallen ist, besonders gut eignet. Aber die Quellenlage und der Editionsstand sind gar nicht so schlecht, und darüber hinaus liegen einige landesgeschichtliche Grundlagenwerke vor, mit denen z. T. schon vor Jahrzehnten der weiteren Forschung der Weg geebnet wurde: die beiden Germania-Sacra-Bände der Alten Folge über das Bistum Brandenburg von Gustav Abb, Fritz Bünger und Gottfried Wentz (1929, 1941, vgl. NA 49, 623), das Buch von Friedrich Curschmann über die Diözese Brandenburg (1906), das sich vor allem mit der Kirchenorganisation beschäftigt, und nicht zuletzt das Brandenburgische Klosterbuch (2006, vgl. DA 63, 804f.). Das sind günstige Voraussetzungen, die dazu einladen, nun systematische Fragestellungen zu verfolgen, wie es R. hinsichtlich des bischöflichen Handelns tut. Dieses wird auf drei Ebenen untersucht: zunächst in einer Fallstudie über die Stadt Zerbst, deren Stellung im Bistum und deren geistliche Institutionen und Bruderschaften im Verhältnis zum Diözesanbischof untersucht werden. Der bischöflichen Praxis wird dann die Normsetzung gegenübergestellt, indem die Diözesansynoden und die dort erlassenen Statuten behandelt werden, wobei der Schwerpunkt auf den Bischöfen Stephan Bodeker und Dietrich von Stechow im 15. Jh. liegt. Schließlich wird in einem dritten Untersuchungsgang das bischöfliche Handeln durch Stellvertreter und Amtsträger betrachtet. Hierbei geht es zunächst um die Weihbischöfe, dann um die bischöfliche Kurie, die Offiziale und Generalvikare, aber auch regional zuständige Archidiakone und Pröpste. Im Fazit macht der Vf. deutlich, dass man die Arbeit auch anders hätte anlegen können, um beispielsweise nach Ablassverleihungen, Konsekrationen, liturgischen Verordnungen, Exkommunikation und Interdikt zu fragen, wobei man bei den allermeisten Themen aber festhalten muss, dass sie nicht nur in Brandenburg, sondern auch in anderen Diözesen eher schlecht untersucht sind. Dass die Brandenburger Bischöfe durch ihre Herkunft aus einem Prämonstratenser-Domkapitel in spiritueller Hinsicht stärker geprägt waren als andere Bischöfe, wie der Vf. zu bedenken gibt, mag sein, aber zweifellos waren sie nicht nur nachgeordnete Befehlsempfänger des Markgrafen bzw. Kurfürsten von Brandenburg, sondern geistlich Handelnde. Es ist das Verdienst von R., mit seiner diözesanen Fallstudie darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass die geistliche Seite des bischöflichen Amts und überhaupt die kirchliche Lenkung und Verwaltung der deutschen Diözesen im späten MA von der Forschung sträflich vernachlässigt wurde. Früher haben Kanonisten wie beispielsweise Georg May für das Erzbistum Mainz viel geleistet, aber künftig wird von dieser Seite nicht mehr viel zu erwarten sein. Vor allem MA- und Landeshistoriker sind hier gefordert.
Enno Bünz
(Rezensiert von: Enno Bünz)