Benno Baumbauer, Die Kirche von Eichstätt unter Fürstbischof Wilhelm von Reichenau 1464–1496. Selbstverständnis und visuelle Repräsentation eines spätmittelalterlichen Hochstifts (Studia Jagellonica Lipsiensia 21) Wien / Köln / Weimar 2021, Böhlau Verlag, 376 S., Abb., ISBN 978-3-412-51911-7, EUR 70. – Die 2019 von der Philosophischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Univ. Erlangen-Nürnberg angenommene Diss. zielt bewusst nicht auf eine biographisch angelegte Monographie zu den Kunstaufträgen Wilhelms von Reichenau, sondern besteht aus vier recht autonomen Studien und einer Ideenskizze, die vor Augen führen, dass nicht nur der Fürstbischof, sondern ein ganzes Netzwerk von Personen die Kunstpolitik am Bischofshof bestimmte. Nach einer kurzen Einführung (S. 17–33) zur Geschichte des Bistums und zur Biographie Wilhelms werden behandelt: 1) das schon unter Gundekar II. (1057–1075) angelegte und danach über fünf Jahrhunderte hinweg immer wieder aktualisierte Pontifikale Gundekarianum (Liber episcoporum; Eichstätt, Diözesanarchiv, B 4) mit Bildnisserien, später Einzelbildern der Eichstätter Bischöfe, in welchen Bildtypen von außen aufgegriffen wurden und die, so ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung, nicht, wie früher angenommen, durchweg posthum und auch nicht immer vom Bischof selbst, sondern auch vom Domkapitel in Auftrag gegeben wurden; 2) das spätgotische Hochaltarretabel des Eichstätter Doms, dessen Schreinfiguren und Reliefs vom Vf. der in Nürnberg ansässigen Werkstatt um den Echthaarkruzifix in der ehemaligen Zisterzienserkirche Heilsbronn zugeschrieben werden und das u. U. mit einer größeren Ausstattungskampagne Wilhelms (und des Kapitels?) zu dessen Amtsantritt (Pontifikalmissale und Mannheimer Wappentafel) in Verbindung stehen könnte, wenngleich über den/die Auftraggeber nichts bekannt ist; 3) das mit einer Gesandtschaft an den Hof König Heinrichs VII. von England 1492 in Zusammenhang stehende Silbertriptychon Bernhard Adelmanns als Stiftung eines einzelnen Domherrn, das den Anspruch der Eichstätter Bischöfe auf herausgehobene Stellung unter den Mainzer Suffraganen verdeutlichen sollte; 4) das Rationale der Eichstätter Bischöfe, vom Vf. ebenso als Postulat der genannten Eichstätter Vorrangstellung interpretiert; 5) das Grabdenkmal Wilhelms im Willibaldchor des Eichstätter Doms, als dessen Auftraggeber der Vf. im Gegensatz zu älteren Meinungen Wilhelm selbst festmachen kann. Das Ziel des Vf., die Kunstproduktion an einem geistlichen Fürstenhof im spätma. Reich als Genos-Grenzen überschreitendes Wechselspiel unterschiedlicher Akteure vor Augen zu führen, wird mit dieser gut lesbaren und schlüssig argumentierenden Studie ohne Zweifel erreicht und bietet auch für der Kunstgeschichte ferner stehende Mediävisten ohne fundiertere einschlägige Ausbildung interessante Aufschlüsse zum Thema.
M. W.
(Rezensiert von: Martin Wagendorfer)