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Jan Kotous / Petr Sommer / Vratislav Vaníček (Hg.), Tisíc a padesát let pražského biskupství [1050 Jahre Bistum Prag], Praha 2023, NLN, 420 S., Abb., ISBN 978-80-7422-869-8, CZK 449. – Der Sammelband verortet die ma. Geschichte des Bistums Prag im mitteleuropäischen Kontext. Deshalb enthält er auch zusammenfassende Studien von Enno Bünz (Bistümer der Karolinger- und Ottonenzeit, S. 23–38), Christian Lübke (Missionsbistümer bei den Elbslawen, S. 39–50), Gábor Klaniczay (Die ersten Bistümer in Ungarn, S. 51–66), Józef Dobosz (Die Anfänge des Christentums in Polen, S. 67–80), Matthias Hardt (Christianisierung von Mitteleuropa, S. 81–95) und Jitka Komendová (Die Anfänge der Kirchenorganisation in der Kiever Rus aus historiographischer Perspektive, S. 96–103), die den Stand der Forschung und die Quellenlage präsentieren. Das gilt auch für Petr Sommer (S. 137–151) zur Mission und der Rolle der Benediktiner, Jakub Izdný (S. 173–188) über die ökonomischen Grundlagen der Christianisierung Böhmens, Josef Žemlička (S. 189–204) zum Bistum Prag und dem Herzog von Böhmen, Petr Elbel (S. 363–390) zu den Bistümern Prag und Olmütz in der Hussitenzeit und während der Reformation. Auch Jan Royt (S. 233–243) zu den Kathedralkirchen in Prag und Olmütz fasst vor allem schon Bekanntes zusammen. Vratislav Vaníček (S. 115–136) dagegen nimmt in einem inspirierenden Beitrag über den komplizierten Prozess der Entstehung des Bistums Prag im Konflikt und in Zusammenarbeit zwischen den Přemysliden, dem Papst, dem Kaiser, dem Herzog von Bayern und nicht zuletzt dem Bischof von Regensburg Impulse von Dušan Třeštík auf und findet zu neuen Erkenntnissen. In gewissem Sinn knüpft an seine Ausführungen Petr Kubín (S. 207–216) an, der infrage stellt, ob es sich bei der ersten Translation des heiligen Wenzel um seine Heiligsprechung handelt. Nach K. hängt diese vielmehr mit der Gründung des Bistums Prag zusammen und muss nach der Konsekration des ersten Bischofs von Prag datiert werden. In einer scharfsinnigen Studie kombiniert Libor Jan (S. 152–172) überzeugend ältere eigene Beiträge zur ältesten Geschichte der Bistumsorganisation in Mähren von Methodius bis zum 11. Jh. mit Einsichten zur Gestaltung der lokalen „großmährischen“ Memoria. Seine Annahmen finden Unterstützung bei Jana Maříková-Kubková / Pavel Šlézar / Hana Dehnerová (S. 244–266), die die Auswirkungen der Bistumsgründung auf die räumliche Organisation der Prager Burg und der frühma. Agglomeration Olmütz vorstellen. Ein wichtiger Beitrag von Milada Bravermanová / Helena Březinová / Jana Bureš Víchová (S. 267–285) zu den liturgischen Gewändern aus den Gräbern der Prager Bischöfe gibt u.a. Einsicht in die Kultur- und Handelskontakte Prags zwischen dem 11. und dem 13. Jh. Neues bringt auch Dalibor Havel (S. 289–305), der die ältesten Hss. auswertet, die traditionell mit der Geschichte des Bistums Prag im 10. und 11. Jh. verknüpft werden. Während er für die meisten dieser Hss. eine Beziehung zum Bistum problematisiert, bringt er wichtige Argumente dafür, dass Heiligenkreuz, Stiftsbibl., 217, München, Staatsbibl., Clm 4605, und Wien, Nationalbibl., 1322, um 1000 in die Prager Dombibliothek kamen. Beigegeben ist die Edition einer bisher nicht bekannten Predigt, die H. dem heiligen Adalbert zuschreibt. Ergänzt werden H.s Ausführungen durch eine gut informierte komparative Zusammenfassung zur Schriftkultur der polnischen Bistümer von Marzena Matla (S. 306–320). Chronologisch daran anknüpfend beschäftigt sich Lukáš Führer (S. 321–339) mit der Entstehung der Kanzlei der Prager Bischöfe um 1250 und behandelt ihre Rolle in der Verwaltung de auctoritate ordinaria. Auffällig sind Parallelen zwischen der Entwicklung in Prag um 1250 und derjenigen in Olmütz schon nach 1220, die Indizien sein könnten für einen Zusammenhang zwischen diesen Prozessen und der Kirchenreform und den Versuchen der Bischöfe, die Administration der Diözese zu intensivieren. Nicht ganz zu den übrigen Arbeiten passt die inhaltsreiche Studie zur Echtheit der Legenda Christiani, in der Lukáš Reitinger (S. 336–360) neue Argumente vorbringt.

David Kalhous

(Rezensiert von: David Kalhous)