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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,1 (2024) *.

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Mateusz Goliński, Żebracy. XV-wieczne bractwo żołnierskie i jego historiograficzne kreacje [Die Bettler. Eine Söldnerbruderschaft des 15. Jh. und ihre historiographischen Kreationen], Kraków 2023, Wydawnictwo Księgarnia Akademicka, 195 S., ISBN 978-83-8138-929-7, PLN 52,50. – Die in Zentraleuropa turbulente Mitte des 15. Jh. führte zur Entstehung von „Bruderschaften“ von Soldaten zur Wahrnehmung von Gruppeninteressen (insbesondere zur Eintreibung von offenen Soldforderungen), die jedoch genauso gerne Raubüberfälle tätigten, gelegentlich aber auch zu einem wichtigen Bestandteil der Grenzlandpolitik von Polen, Ungarn, Schlesien, Mähren, Böhmen und Österreich wurden. Das Werk befasst sich mit der Geschichte einer solchen Gruppe, die 1457 zu unbezahltem Söldnerdienst für die polnische Krone (die sich damals im Krieg mit dem Deutschen Orden befand) einberufen wurde und ihren gelegentlich zu lesenden Spitznamen „Bettler“ dem Standort ihres Lagers im Dorf Żebracze bei Auschwitz (frei übersetzt Bettlers) verdankt. In den Quellen werden sie auch als Brüder (fratres, bratříci) bezeichnet. Diese Gruppe war Historikern längst bekannt (sie wurde sogar in der tschechischen Belletristik popularisiert) und erfuhr verschiedene Umdeutungen: Ihr tschechischer Charakter wurde betont, sie galten als Nachfolgen der Táboriten, als Erben der Hussitentradition, als Wegbereiter des slowakischen Volksbewusstseins bzw. als Verteidiger der Armen. G. hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Mythen zu verifizieren, indem er die Geschichte der Bruderschaft im Detail rekonstruiert. Das war keine leichte Aufgabe, da die genaue zeitliche Abfolge der einzelnen Episoden ihrer Tätigkeit unbekannt ist. Die Zusammensetzung der Truppe war wahrscheinlich instabil und zweifellos ethnisch gemischt, obwohl sich die „Brüder“ nach außen hin auf Tschechisch verständigten. Die Erzählung geht bis 1468 (als Eschenloer in seiner Breslauer Chronik die Zebraken zum letzten Mal erwähnt), einen Epilog bildet die Gefangennahme des Nikolaus Sweborowski 1470. Zur endgültigen Auflösung der Gruppe führte ihre Niederschlagung durch Matthias Corvinus. Das Werk stützt sich auf eine sehr umfangreiche Reihe von gewissenhaft ausgewerteten Quellen (Chroniken, Urkunden, Briefe, Gerichtsakten). Der chronologische Aufbau stellt das Motiv der besagten Umdeutungen der Geschichtsschreibung ein wenig in den Hintergrund und versteckt diese sogar an unerwarteten Stellen (S. 9, 155). Es handelt sich vor allem um eine äußerst farbenfrohe, zuweilen spannende Erzählung der Ereignisse und eine hervorragende Darstellung der verschiedenen Lebensrealitäten des 15. Jh. Beigefügt sind mehrere Karten und eine interessante Zusammenstellung von Quellenangaben zu den Mitgliedern der Bruderschaft (S. 164–169); diese Angaben sind durchaus eine genauere Analyse wert. Schade ist, dass die begleitende englische Zusammenfassung bemerkenswert kurz ausfällt (S. 187f.).

Tomasz Jurek

(Rezensiert von: Tomasz Jurek)