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Georgius Gemnicensis: Ephemeris sive Diarium peregrinationis transmarinae. Georg von Gaming: Martin Baumgartners Pilgerreise nach Ägypten, auf den Berg Sinai, ins Heilige Land und nach Syrien in den Jahren 1507 und 1508. Einleitung, Edition und Kommentar von Hermann Niedermayr, Übersetzung von Gerhard Frener, Bd. 1: Einleitung, Text und Übersetzung; Bd. 2: Kommentar, Appendix und Literaturverzeichnis, Wien / Köln 2023, Böhlau, 1540 S. in 2 Bden., ISBN 978-3-205-21675-9, EUR 250. – Der von dem Kufsteiner Lateinschulmeister Georgius niedergeschriebene Bericht von seiner im Gefolge des Bergwerksbesitzers Martin Baumgartner und in Begleitung eines Priesters 1507/08 unternommenen Pilgerfahrt bietet aufgrund seiner verschiedenen Textversionen die einmalige Gelegenheit, das bald nach der Reise aufgezeichnete, aber erst 1721 von Bernhard Pez gedruckte Werk mit seiner weit verbreiteten, von Pastor Donauer 1593/94 für den Druck entworfenen protestantischen Bearbeitung zu vergleichen. Die neue Edition, die dem ältesten überlieferten Textzeugen (Hs. in Jena, Univ.- und Landesbibl., Ms. Prov. o. 310) folgt und die Drucke von Donauer und Pez über die Kommentierung einbezieht, ist aus zwei Gründen bedeutend: Erstens revidiert sie gründlich die bisher in der Forschung vorherrschende Meinung, die Peregrinatio Bamgartneriana Donauers, der den ursprünglichen Autor nahezu vollkommen eliminierte, zahlreiche Passagen modifizierte und alles Katholische (u.a. die Namen der Heiligen) entfernte, sei die Wiedergabe der Autorfassung und beruhe auf einem deutschsprachigen Tagebuch des zum Ritter geschlagenen Baumgartner, das mit den lateinischen Notizen seines Reisegefährten Georgius vervollständigt wurde. Damit verhilft sie der Ephemeris, deren Text bei der späteren Bearbeitung erheblich verfremdet wurde und deren Autograph verschollen scheint, wieder zu ihrem Recht. Zweitens wird die kritische Edition nicht nur von einer parallel abgedruckten deutschen Übersetzung (beides zusammen 343 S.), sondern auch von einer ausführlichen Einleitung (243 S.) und einem umfassenden Kommentar (788 S.) begleitet, der sowohl die Modifikationen der beiden Druckausgaben als auch zahlreiche Parallelüberlieferungen in Heiligland-Reiseberichten um 1500 berücksichtigt. Die vielfältigen Beobachtungen und Querverweise, die hier vorgelegt werden, können deshalb als wahre Fundgrube für sprachliche, strukturelle und inhaltliche Analysen von Pilgertexten dienen. Besonders sorgfältig identifiziert und nachgewiesen sind etwa die Zitate aus antiken und ma. Schriften. Ein ausführlicher Anhang beschließt die bemerkenswerte Edition, die uns in der Veranschaulichung der Texttradition wertvolle Zugänge zu diesem Bericht selbst wie auch zur Gattung insgesamt eröffnet. Ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis, in dem angesichts der Themenfülle sicher noch der ein oder andere Titel zu ergänzen wäre, ein Personen- und Ortsregister sowie ein Verzeichnis der zitierten Bibelstellen bereiten die weit über die Geschichtswissenschaft hinaus einschlägige Veröffentlichung bestens auf.

Ingrid Baumgärtner

(Rezensiert von: Ingrid Baumgärtner)