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Fourteenth Century England 11, ed. by David Green / Chris Given-Wilson, Woodbridge 2019, The Boydell Press, 181 S., ISBN 978-1-78327-452-9, GBP 60. – Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf dem Gebiet der politischen und der Verfassungsgeschichte. S. W. Dempsey, The Evolution of Edward I’s ‘Historical’ Claim to Overlordship of Scotland, 1291–1301 (S. 1–30), untersucht den Brief des englischen Königs an Papst Bonifaz VIII. von 1301, in dem der Monarch mit Hilfe gewagter historischer Argumentation die Oberhoheit der Krone England über Schottland in Anspruch nahm. Der Vf. kann zeigen, dass die königliche Kanzlei, rhetorisch und argumentativ auf der Höhe der Zeit, mit den gleichen Waffen kämpfte wie das Papsttum und der Kurie ebenbürtig war. – Samuel Lane, Prelates and Political Reform: The Bishops and the Ordinances of 1311 (S. 31–55), stellt das große Interesse des englischen Episkopats an dem wichtigen Gesetzgebungswerk von 1311 heraus, dessen Entstehung und Veröffentlichung die Bischöfe über einen längeren Prozess hinweg maßgeblich steuerten. – Bridget Wells-Furby, Sir Robert de Wateville (d. 1330) of Essex and the Younger Despenser, 1322–6 (S. 57–75), beschäftigt sich mit der Figur des Robert de Wateville, der innerhalb der turbulenten 1320er Jahre eine wichtige Rolle im Herbst 1326 spielte, als Isabellas, der Gemahlin des Königs, aus Frankreich kommende Truppen auf der Insel landeten und das Regime Despensers zusammenbrach. – W. Mark Ormrod, Memory, Genealogy and Nationality in Plantagenet England: The Plugenet and Walerand Estates, 1265–1368 (S. 77–107), stellt einen großflächigen (und sozial offenkundig akzeptierten) Gebrauch von „Lügen“ als Mittel der Behauptung von Eigentum und Macht im spätma. England fest. Cary J. Nederman, The ‘Apparitional’ Magna Carta in the Long Fourteenth Century (S. 109–128), nimmt sich noch einmal des komplexen Rezeptionsprozesses jener am 15. Juni 1215 in Runnymede ausgestellten Urkunde König Johanns Ohneland an, die unter dem Namen „Magna Charta“ berühmt und zu einem Mythos wurde. Der Vf. betont, dass vor allem in den Jahren ab 1290 eine bedeutsame Transformation stattfand, die die Urkunde aus einer Sphäre intellektueller und kultureller Gleichgültigkeit herausgeholt und sie größerer Beachtung zugeführt habe. Weiterhin wird unterstrichen, dass der Rezeptionsprozess des Dokuments zur Ausformung einer speziellen englischen Identität geführt habe. Merkwürdig bleibe, dass bei zahlreichen wichtigen Juristen des 15. Jh., so bei Sir John Fortescue, die Magna Charta nicht erwähnt ist. – Matthew Hefferan, Family, Loyalty and the Royal Household in Fourteenth-Century England (S. 129–154), untersucht die Bedeutung der Faktoren Familie und Loyalität im königlichen Haushalt. Der Vf. unterstreicht, wie zentral Familienunterhaltspolitik im 14. Jh. war. Während zahlreiche königliche Ritter ausgewählt worden seien, weil sie anerkannte Militärführer oder einflussreiche Höflinge waren, habe die Mehrheit der 354 Ritter des königlichen Haushalts deswegen dazu gehört, weil bereits ihre Brüder, Väter, Onkel und Großväter in königlichen Diensten gestanden seien. Das sei Grund genug für den König gewesen, diese Personengruppe beizubehalten. Für sie sei der Dienst im königlichen Haushalt so etwas wie ein Familiengeschäft gewesen.James Bothwell, The Revolution Stops Here? Leicestershire and the Rebellion of 1381 (S. 155–181), beschäftigt sich mit der das englische Königtum in seinen Grundmauern erschütternden Rebellion 1381 aus der Perspektive des von Henry Knighton, Mönch in Leicester Abbey, verfassten Knighton’s Chronicle. Die Auswertung der Chronik zeichnet ein differenziertes Bild von Leicesteshire in den Aufstandsjahren: Es deute, so der Vf., einiges darauf hin, dass sich Leicester und Leicestershire nicht so gleichgültig gegenüber dem Aufstand verhalten haben, wie die bisherige Forschung anzunehmen geneigt war. – Ein überaus lesenswerter Band mit gut dokumentierten Studien zur politischen Geschichte Englands im 14. Jh.!

Jörg Schwarz

(Rezensiert von: Jörg Schwarz)