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Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440–1493) nach Archiven und Bibliotheken geordnet 36: Die Urkunden und Briefe aus den Archiven und Bibliotheken der Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold und Münster, bearb. von Petra Heinicker (Reg. Imp.) Wien / Köln 2022, Böhlau, 175 S., ISBN 978-3-205-21556-1, EUR 45. – Der neue Band des von Heinrich Koller in den 70er-Jahren des 20. Jh. begründeten Regestenunternehmens, das unser Bild der Herrschaftspraxis Kaiser Friedrichs III. auf eine neue Grundlage gestellt hat, erschließt die Urkunden aus Archiven und Bibliotheken der nordrhein-westfälischen Landesteile Westfalen und Lippe. Über die Genese des Bandes berichtet die Bearb. im Vorwort (S. 11). Als maßgeblich gewürdigt werden vor allem die umfangreichen Vorarbeiten von Eberhard Holtz (1956–2016), dessen Andenken der Band auch gewidmet ist. Er ist nach Heft 7 mit der Überlieferung des Regierungsbezirks Köln (vgl. DA 49, 254f.) das zweite mit Urkunden aus Nordrhein-Westfalen. Der insgesamt 170 Nummern zählende Band, beginnend mit einer am 16. Mai 1440 in Wien ausgestellten Erklärung Friedrichs III. gegenüber Erzbischof Dietrich von Köln und endend mit einer am 11. Februar 1493 in Linz ausgestellten Bevollmächtigung König Maximilians, ein allgemeines Aufgebot gegen König Karl VIII. von Frankreich zu erlassen, weist 107 Urkunden des Habsburgers nach, die in Archiven in Westfalen-Lippe im Original oder in Kopie überliefert sind oder deren historische Existenz anhand von tragfähigen, in den Archiven überlieferten Hinweisen rekonstruiert werden konnte. Dabei verteilen sich den Angaben der Bearb. zufolge die Erträge auf die Landesteile Westfalen und Lippe in einem Verhältnis von etwa 90:10 (S. 11). Der Band bietet einen wichtigen Ausschnitt der Beziehungen Friedrichs III. zum „Westfalen“ seiner Zeit, bildet diese aber natürlich nicht vollständig ab. So wird man – von H. explizit hervorgehoben – für das spätma. Westfalen zentrale Protagonisten vermissen oder unterrepräsentiert finden, da ihre archivalische Hinterlassenschaft außerhalb des heutigen Westfalen verwahrt wird (S. 12). Dazu zählen beispielsweise die Erzbischöfe von Köln oder die Herzöge von Kleve-Mark bzw. Jülich-Berg mit ihren sowohl am Niederrhein als auch in Westfalen gelegenen Gebieten – als Ergänzung wird von H. auf den von Paul-Joachim Heinig besorgten Band 33 der Friedrichsregesten verwiesen, der mit dem Bundesland Niedersachsen auch ehemals westfälische Territorien erfasst, wie das Bistum Osnabrück, das Emsland und die Grafschaft Bentheim. Zu Recht weist die Bearb. darauf hin, dass das Heft, obwohl es zu den schmaleren der Reihe zählt, in Relation gesehen hinsichtlich der nutzbar gemachten Quellenbasis einen äußerst hohen Grad an Neuerung und Verbesserung bietet (S. 16). Rund 140 Urkunden werden erstmals nach aktuellen Regestenstandards verzeichnet. Zeitlich sind die Urkunden sehr ungleich auf die Regierungsjahre Friedrichs III. verteilt. Die meisten Urkunden wurden in den 1440er-Jahren ausgestellt (59), gefolgt von den 1470er-Jahen (42) und den „langen“ 1480er-Jahren einschließlich der letzten vier Regierungsjahre des Kaisers bis 1493 (43). Als Jahrzehnte mit eher schwacher Urkundenemission für Westfalen lassen sich die 1450er- (16) und 1460-er Jahre (10) ausmachen. Eine besondere Erwähnung verdient die insgesamt 20 Nummern umfassende Urkundengruppe, die verschiedene Aspekte der sogenannten „Westfälischen Gerichtsbarkeit“ (heymeliche geriechte zu Westfalen) aufzeigt, die seit dem 13. Jh. belegt ist (vgl. zur historischen Einordnung des Phänomens die Einleitung S. 20). Die Statthalterschaft über diese westfälischen Gerichte oblag seit 1422 dem Erzbischof von Köln als Herzog von Westfalen. Im August 1442, auf dem Frankfurter Tag, hat Friedrich III. in der vieldiskutierten Reformatio Friderici den Westfälischen Gerichten einen Handlungsrahmen abgesteckt. Das Problem war hier (wie in vielen anderen Fällen) die praktische Durchschlagskraft. 1446 beauftragte Friedrich Bischof und Stadt von Münster sowie den Grafen von Bentheim mit der Durchführung der Reformatio bezüglich der Westfälischen Gerichtsbarkeit (Nr. 53). Der Band zeigt ferner, dass Friedrich III. die Rechte des Erzbischofs gegenüber den drei anderen verteidigte (Nr. 135). Ebenso wird dokumentiert, dass Friedrich als oberster Richter und Appellationsinstanz auf Initiative von Streitparteien fallweise auch direkt in einzelne an Westfälischen Gerichten anhängige Verfahren eingriff – in Form einer Delegation der Fälle an Kommissare oder der Abforderung der Verfahren an ihn selbst bzw. sein Kammergericht. Ein Register der Orts- und Personennamen erschließt nach bewährtem Muster den für die Friedrich-Forschung abermals grundlegenden Band.

Jörg Schwarz

(Rezensiert von: Jörg Schwarz)