Ulriika Vihervalli, Wartime rape in late antiquity: consecrated virgins and victim bias in the fifth-century west, Early Medieval Europe 30,1 (2022) S. 3–19, untersucht Vergewaltigung als Mittel kriegerischer Auseinandersetzungen in der Spätantike und konstatiert zuerst, dass dieses Phänomen in der Forschung bislang vernachlässigt wurde. Sie rückt geweihte Jungfrauen in den Fokus, da diese von den spätantiken Autoren herausgehoben wurden. Diese Jungfrauen spielten eine besondere Rolle für das religiöse Leben einer Gemeinde, die maßgeblich auf ihrer Jungfräulichkeit und Reinheit beruhte. Die Vf. beklagt, dass diese Fokussierung dazu geführt habe, dass andere Opfer von sexueller Gewalt wie laikale Frauen, Männer und Kinder ignoriert wurden. Berichte von Gefangenschaft und Entführungen verdeutlichen dagegen, dass diese Personengruppen ebenfalls Erfahrungen mit sexueller Gewalt machten. Die Vergewaltigung geweihter Jungfrauen als Mittel der Erniedrigung und Demoralisierung des Kriegsgegners war besonders effektiv, was erklärt, dass die spätantiken Autoren diese zu Ungunsten anderer Opfergruppen heraushoben, deren Leiden aber herunterspielten.
D. T.
(Rezensiert von: Dominik Trump)