Mária Vargha, Modelling Christianisation. A Geospatial Analysis of the Archaeological Data on the Rural Church Network of Hungary in the 11th–12th Centuries (Archaeolingua Central European Archaeological Heritage Series 11) Oxford 2022, Archaeopress, 160 S., Karten, ISBN 978-1-80327-279-5, GBP 35. – Die Vf. hat von 2006 bis 2012 ein archäologisches Studium an der Eötvös Loránd Univ. in Budapest absolviert und sich anschließend einem breiter angelegten Studium des MA gewidmet, das sie 2019/20 mit der Promotion abgeschlossen hat. Insofern besitzt sie eine seltene Doppelqualifikation als Historikerin und Archäologin. Eine überarbeitete Fassung ihrer von József Laszlovszky an der Zentraleuropäischen Univ. Budapest betreuten Diss. liegt hier unter geändertem Titel vor. Nachdem bereits der ungarische Großfürst Géza (949–997) sein Reich für ostfränkische und byzantinische Missionare geöffnet hatte, war es dessen Sohn Vajk, der nach seiner Königskrönung im Winter 1000/01 als Stephan I. eine neue staatliche Identität schuf, die sich als Teil des Imperium Christianum verstand. Außer dem bis 1038 herrschenden König Stephan werden aus der Árpáden-Dynastie dann auch sein Sohn Emmerich und Ladislaus I. (1077–1095) als Heilige verehrt, was die kirchengeschichtliche Dimension der Vorgänge schon anzuzeigen vermag. Um das Phänomen der Christianisierung in Ungarn im Detail während des 11.–12. Jh. besser zu verstehen, möchte die Vf. bewusst nicht die einem hohen gesellschaftlichen Kontext zugehörigen Schriftquellen zum Ausgangspunkt nehmen, sondern vielmehr die quantitativ wichtigen Landkirchen und Friedhöfe über digitale archäologische Archivdaten erfassen. Dieser methodische Ansatz wird damit begründet, dass im Normalfall Bistümer und Klöster Gegenstand der schriftlichen Überlieferung waren, nicht aber die nachgeordneten Elemente des kirchlichen Systems. Das Ziel ist die Rekonstruktion der durch den Prozess der institutionalisierten Christianisierung sich verändernden Kulturlandschaft. Insofern betritt die Arbeit Neuland, indem sie das bisher wenig genutzte historisch-topographische und archäologische Material den Schriftquellen ergänzend gegenüberstellt. Dieses Vorgehen erläutert die Einleitung (S. 9–15). Das Folgekapitel (S. 17–28) bilanziert die bisherige historische und archäologische Forschung zum Thema. Danach legt die Vf. ihre Methode dar (S. 29–42). Sie arbeitet mit spatial analysis, also der aus der Quantitativen Geographie stammenden, aber auch in der Landschafts- und Siedlungsarchäologie mittlerweile vor allem für die älteren Epochen üblichen Methode der räumlichen Analyse, die Erscheinungen und Prozesse mittels Geographischer Informationssysteme (GIS) erfasst, in einer Modellierung darstellt und analysiert (S. 43–90). In einem weiteren Schritt werden bisherige historische Erklärungsversuche zur Ausbildung des Pfarrsystems im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den archäologischen Befunden verglichen (S. 91–100), bevor die knappe Zusammenfassung den Schlusspunkt bietet (S. 101–104). Ein umfangreicher Anhang (S. 105–142) und die Bibliographie (S. 143–160) runden die Arbeit ab. Die Vf. versucht, über die Gesamtschau aller bekannten Kirchen und Friedhöfe sowie der kirchlichen und weltlichen Machtzentren (Bistümer, Klöster und Burgen) eine detaillierte Vorstellung von der Christianisierung zu entwickeln und im Kartenbild anschaulich zu machen. Es handelt sich um ein vor allem in methodischer Hinsicht interessantes Buch, das den Dialog von ma. Geschichte und Archäologie beleben kann.
Bernd Päffgen
(Rezensiert von: Bernd Päffgen)