Caspar Ehlers / Holger Grewe / Katarzyna Ibragimow-Schönfelder (Hg.), Schriftquellen zur Pfalz Ingelheim. Lateinische Texte der karolingischen Epoche gesammelt, übersetzt und kommentiert von Hartmut Geissler, mit archäologischen und mediävistischen Kommentaren von Holger Grewe / Caspar Ehlers, redigiert von Katarzyna Ibragimow-Schönfelder (Archäologie und Bauforschung in der Pfalz Ingelheim am Rhein 3,1) Petersberg 2023, Michael Imhof Verlag, 141 S., 34 Abb., ISBN 978-3-7319-1274-3, EUR 24,95. – Der vorzüglich bebilderte, sich an das Repertorium der Königspfalzen anlehnende Band vervollständigt und aktualisiert – erstmals seit der Abhandlung von Hans Schmitz aus dem Jahr 1974 (vgl. DA 33, 676) – die Sammlung karolingischer Schriftquellen zu der berühmten Pfalz am Rhein (vom Erstbeleg zum Jahr 774 bis zur Urkunde Ludwigs des Kindes von 909) und korreliert sie mit den archäologischen Befunden. Zwei Beiträge zur Fundsituation von Holger Grewe (S. 43–51 und 95–102) arbeiten unter anderem folgende Aspekte heraus: Bereits um 650 wurden die infrastrukturellen Voraussetzungen für das spätere palatium geschaffen, verbunden mit der Kirche St. Remigius als sakralem Zentrum. Sieben Gräberfelder und mehrere kleine Siedlungskomplexe konnte die archäologische Forschung nachweisen, wobei aus der sogenannten Siedlung 1 („Im Saal“) das spätere Pfalzgebiet hervorwuchs. Um 800 erfolgte eine großflächige Planierung älterer Siedlungsstrukturen. Eine Fernleitung, knapp sieben Kilometer lang, versorgte die karolingische Pfalz mit Frischwasser. Für Aula und Halbkreisbau ist die Verschmelzung eines antiken Formenrepertoires mit zeitgenössischen Elementen offensichtlich. Bezüglich der Innenausstattung der Pfalzgebäude überliefern die Funde nur ein unzureichendes Bild. So können auch rund 3000 Wandputzfragmente nicht das berühmte, bei Ermoldus Nigellus überlieferte Bildprogramm in der Aula Regia bestätigen. Hartmut Geissler (S. 15–42, 55–94 und 107–122) kontextualisiert die gut 20 Aufenthalte karolingischer Herrscher, darunter solch berühmte wie den Tassiloprozess 788, den Empfang einer byzantinischen Gesandtschaft 817 oder den knapp einmonatigen Aufenthalt Ludwigs des Frommen im Jahr 819, der im Juni 840 auch auf einer Rheininsel sein Leben beschloss ad prospectum Ingulenheim palatii, so die Annales Bertiniani. Die einschlägigen Textpassagen werden mit parallelen Übersetzungen angeboten und kommentiert. Zur Diskussion gestellt wird, dass beim Aufenthalt 807 nicht Karl der Große, sondern sein gleichnamiger Sohn Karl der Jüngere anwesend gewesen sein soll. In gewohnt kenntnisreicher Weise profiliert abschließend Caspar Ehlers (S. 123–128) Ingelheims Sakraltopographie und Reichsgutproblematik und führt die dezidierten palatium-Nennungen bis ins Spät-MA weiter. Ein knappes Glossar zu Begriffen wie „Adel“, „Hoftag“ oder „Placitum“ steht am Ende des schönen Bands.
Christof Paulus
(Rezensiert von: Christof Paulus)