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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 80,1 (2024) *.

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Secular Canons in Medieval Europe. Diversity under Common Canon Law, ed. by Sigrun Høgetveit Berg / Arnold Otto (Studien zur Germania Sacra N. F. 14) Berlin / Boston 2023, De Gruyter Akademie Forschung, 176 S., 8 Abb., ISBN 978-3-11-102713-5, EUR 99,95. – Der schlanke Sammelband baut inhaltlich auf den Ergebnissen der Sitzungsreihe „Canonize Yourself!“ des International Medieval Congress in Leeds 2018 auf und geht der Frage nach, auf welchen Wegen ein Mann im Hoch- und Spät-MA zu einem Säkularkanoniker werden konnte. Vorherrschender methodischer Ansatz sind prosopographische und biographische Studien nah an den überwiegend stiftseigenen Quellen, welche in neun Artikeln nach Regionen von Nord- bis Südeuropa befragt werden. Während Arnold Otto (S. 1–15) die allgemeinen Eckdaten rund um das komplexe Phänomen Kanonikerstifte für den deutschsprachigen Raum umreißt, widmen sich die folgenden Artikel einer Beschreibung des Balanceakts lokaler Stiftskapitel zwischen Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber dem Bischof, Beeinflussung durch päpstliche Provision, durch ansässige Adelsfamilien oder Stadtgemeinschaften und dem Aufbau interner Stiftsregelungen zur Vergabe von vakanten Kanonikaten oder Präbenden. Beginnend im skandinavischen Raum beschreibt Sigrun Høgetveit Berg (S. 17–29) die ökonomische Situation des mächtigen Erzbistums Nidaros in Norwegen, gefolgt von Anna Minara Ciardi (S. 31–46) zu Karrieren innerhalb dänischer Domstifte und von Kirsi Salonen (S. 47–68) zum externen Zugang zu einem Kanonikerstift durch eine päpstliche Provision anhand des finnischen Domstifts Turku. Die mitteleuropäische Perspektive nehmen Jörg Wunschhofer (S. 69–81) mittels Betrachtung des Domstifts in Paderborn und Anna Kowalska-Pietrzak (S. 83–106) anhand der Kanonikerstifte in der polnischen Erzdiözese Gniezno ein. Die drei abschließenden Betrachtungen widmen sich den kontrastreichen Regionen Norditalien durch Emanuele Curzel (S. 107–115), Mittelitalien durch Jochen Johrendt (S. 117–126) und dem weitaus quellenärmeren Süditalien durch Antonio Antonetti (S. 127–162). Obwohl der Titel eine größere Bandbreite suggeriert, konzentrieren sich die Artikel überwiegend auf dominante Domstifte mit engen Beziehungen zu Rom. Dies lässt Chancen liegen, aktuelle regionale Studien zu kleineren Kanonikergemeinschaften jenseits der Kathedralen in die Untersuchungen mit einzubringen, und führt bisweilen zu dem Eindruck, als würden Aufnahmeregularien, wie eine adlige Abstammung, allgemeine Grundvoraussetzung für den Eingang in ein deutsches Kollegiatstift sein (S. 6). Jedoch ist ein Vorteil dieser Beschränkung die Vergleichbarkeit der ähnlich ausgerichteten Häuser in unterschiedlichen europäischen Landstrichen, welche durch die Indexierung im Anhang noch gefördert wird.

Lisa Witowski

(Rezensiert von: Lisa Witowski)