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Stephan Freund / Matthias Puhle, Otto der Große 912–973. Kaiser der Römer, König der Völker, Regensburg 2023, Schnell & Steiner, 255 S., Abb., Karten, ISBN 978-3-7954-3823-4, EUR 30. – 1050 Jahre nach dem Tod Ottos I. am 7. Mai 973 legen die Vf. die erste Monographie seit zehn Jahren zu diesem Kaiser vor. Nach drei einführenden Kapiteln (alle von F.), die dem Aufstieg der ottonischen Familie an die Spitze des Reichs, der Neuordnung als (Allein-)Herrschaft Ottos und der (konsens-basierten) Einbindung der Herzöge als ‘dienender’ Mittelgewalten (S. 45) gewidmet sind, bringen zwei eigene Kapitel die Grundlagen historischen bzw. mediävistischen Forschens nahe (beide von F.): Sie stellen kontextgebunden und verständlich die Geschichtsschreibung und Diplomatik im 10. Jh. sowie einzelne (sächsische) Autoren, ihre Erzähl- und Arbeitsweise vor und behandeln das, was die Forschung unter causae scribendi versteht. Anhand der königlichen Urkunden wird die Herrschaftspraxis verdeutlicht. In den folgenden Kapiteln (alle von P.) geht es um Besonderheiten der Königsherrschaft als Reisekönigtum, um die herrschaftliche Macht Ottos jenseits der Reichsgrenzen, um die unruhigen Jahre im Kampf gegen die Ungarn und Elbslawen sowie um die inneren Auseinandersetzungen im Reich. Anlässlich der Erlangung der Kaiserwürde (P., S. 137–147) wird nicht nur das Zweikaiserproblem aufgeworfen, sondern auch die Frage nach der Rolle des Kaisertums und des Christentums bei der (deutschen) Nationenbildung gestellt (P., S. 149–157). Anschließend (P., S. 159–171) werden symbolische Handlungen, architektonische und künstlerische Formensprache als Momente der Herrschaftsrepräsentation identifiziert. Drei weitere Kapitel (zwei von F. und eines von P.) sind der Gründung des Erzbistums Magdeburg, dem Verhältnis zu Byzanz sowie den vielfältigen Rollen ottonischer Frauen gewidmet. Das letzte Kapitel (F., S. 217–227) inszeniert die Rückkehr Ottos aus Italien als letzte Reise des Kaisers. Ein Epilog beider Vf. (S. 229–245) zur Rezeptionsgeschichte und Würdigung Ottos beschäftigt sich auch mit der Instrumentalisierung und Verfälschung der Geschichte insbesondere während der Zeit des Nationalsozialismus und in der Forschung seit 1945. Nicht zuletzt zeigt es die Verwobenheit der Geschichte der Stadt Magdeburgs mit Otto I. auf. Trotz ein paar Ungenauigkeiten, etwa bei den Kapitelüberschriften, legen die Vf. einen sehr ansprechenden Band vor, der durch zahlreiche, großformatige und farbige Abbildungen, Kartenmaterial, eine Zeittafel, ein Register und durch die gut lesbare Sprache das Fachpublikum wie auch interessierte Laien und Studierende gleichermaßen anspricht. Auf Fußnoten wurde verzichtet; geboten werden aber zu jedem der 16 Kapitel eigens zusammengestellte Literaturhinweise.

Katharina Gahbler

(Rezensiert von: Katharina Gahbler)