Petitions and Strategies of Persuasion in the Middle Ages. The English Crown and the Church, c. 1200–c. 1550, ed. by Thomas W. Smith / Helen Killick, Woodbridge 2018, York Medieval Press / Boydell & Brewer, XIII u. 220 S., ISBN 978-1-903153-83-3, GBP 60. – Der Band enthält nach der Einleitung der Hg. (S. 1–10) folgende Beiträge: Gwilym Dodd, Blood, Brains and Bay-Windows: The Use of English in Fifteenth-Century Parliamentary Petitions (S. 11–39), stellt fest, dass die rhetorische Qualität, mit der ein Antrag im englischen Parlament vorgebracht wurde, oftmals wichtiger war als die Sprache (Französisch oder Englisch), und warnt davor, in die Wahl der Sprache zu viele ideologische Elemente hineinzuinterpretieren. – Helen Lacey, Petitioners for Royal Pardon in Fourteenth-Century England (S. 40–63), untersucht Bittgesuche um königliche Begnadigung in Hinblick auf den Wortschatz und die Strategien, die bei der Abfassung angewandt wurden, sowie die Art und Weise, wie die Bittsteller ihre Geschichten darstellten. Daneben unterstreicht die Vf. die Rolle von hochrangigen Fürsprechern, besonders der Königin, bei der letztlichen Erteilung der Gnade. – Helen Killick, The Scribes of Petitions in Late Medieval England (S. 64–87), wirft die Frage nach der Möglichkeit einer Identizifierung der Autoren auf, die für die Gesuche verantwortlich zu machen sind; es gelingt ihr, verschiedene regionale sprachliche Eigenheiten zu benennen, aber auch konkrete Personen namhaft zu machen, etwa Adam Pinkhurst, den Schreiber Geoffrey Chaucers. Ein hilfreicher Anhang dokumentiert die Ergebnisse (S. 83–87). – Anthony Musson, Patterns of Supplication and Litigation Strategies: Petitioning the Crown in the Fourteenth Century (S. 88–109), geht der Frage nach, inwiefern Rechtskenntnisse Streitigkeiten und Prozesswege beeinflusst haben; er verweist darauf, dass einige Bittsteller durchaus Kenntnisse der Magna Charta und anderer Rechtstexte gehabt haben müssen, was ein Licht werfe auf die zunehmende Durchdringung der Gesellschaft mit juristischem Gedankengut. – Matthew Phillips, Petitions of Conflict: The Bishop of Durham and Forfeitures of War, 1317–1333 (S. 110–125), beschäftigt sich mit Louis Beaumont, Bischof von Durham, und seinen Gesuchen an die Krone, Einziehungen im Kriegsfall abzumildern. – Shelagh Sneddon, A Tale of Two Abbots: Petitions for the Recovery of Churches in England by the Abbots of Jedburgh and Arbroath in 1328 (S. 126–147), kontrastiert zwei Bittgesuche an den englischen König der schottischen Klöster Arbroath und Jedburgh, die beide die Wiederherstellung von Rechten und Gütern forderten, die ihnen im Rahmen des englisch-schottischen Kriegs verloren gegangen waren. Die Vf. arbeitet heraus, wie stark in den Bittgesuchen unterschiedliche nationale und spirituelle Identitäten sichtbar sein konnten. Geschickt sei im Fall Arbroaths auch die Erinnerung an Thomas Becket (und die Verstrickung des Königtums in dessen Ermordung) als Argument zur Überredung des Königs eingesetzt worden. – Philippa M. Hoskin, ‘By Force and Arms’: Lay Invasion, the Writ de vi laica amovenda and Tensions of State and Church in the Thirteenth and Fourteenth Centuries (S. 148–163), betont, dass das Eindringen weltlicher Gewalt in Güter und Besitzungen der Kirche nicht notwendigerweise Ausdruck von Antiklerikalismus gewesen sein müsse; sie ist der Meinung, dass das Phänomen mit dem Patronagesystem zu tun gehabt habe, aber auch mit dem grundsätzlichen Sensus der Laien für ökonomischen Profit. – Thomas W. Smith, The Papacy, Petitioners and Benefices in Thirteenth-Century England (S. 164–184), untersucht, in welcher Weise der englische und italienische Klerus vom päpstlichen Supplikenwesen als Teil legaler Strategien Gebrauch machte, um kirchliche Benefizien in England zu sichern. – Frederik Pedersen, Playing the System: Marriage Litigation in the Fourteenth Century (S. 185–201), konzentriert sich auf die sogenannten „York Cause Papers“, das sind Prozessakten, die von den kirchlichen Gerichten in York 1300–1858 erstellt wurden. Der Vf. versteht es zu zeigen, wie häufig Streitparteien in der Lage waren, sich ohne größere Probleme juristischen Beistand zu verschaffen, wie stark die Parteien die Erzählungen in den Akten beeinflusst haben und in welchem erstaunlichen Maß sich rechtliche, soziale und kulturelle Zusammenhänge in ihnen spiegeln. – Kirsi Salonen, Killer Clergy: How did Clerics Justify Homicide in Petitions to the Apostolic Penitentiary in the Late Middle Ages? (S. 202–217), untersucht die Aufzeichnungen der römischen Pönitentiarie des 15. und 16. Jh. Trotz eines strikten Verbots der Anwendung von Gewalt durch Kleriker sei eine nicht unbeträchtliche Zahl von Fällen zu verzeichnen, in denen für Angehörige dieses Standes Tötungsdelikte nachgewiesen werden können. Die Vf. richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Rolle der juristischen Beratung, die im Fall der Abfassung eines Bittgesuchs wahrgenommen wurde, und zeigt, dass die Berater ihren Klienten entscheidende Fachkenntnisse vor allem über die Vorschriften des kanonischen Rechts vermittelten. – Ein (sehr schmaler) Index der wichtigsten Personen, Orte und Begriffe erschließt den Band (S. 219f.).
Jörg Schwarz
(Rezensiert von: Jörg Schwarz)