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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

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La mort du roi: réalité, littérature, représentation / Der Tod des Königs: Realität, Literatur, Repräsentation, éd. par / hg. von Hugo O. Bizzarri / Martin Rohde (Scrinium Friburgense 52) Wiesbaden 2021, Reichert Verlag, 296 S., Abb., ISBN 978-3-7520-0593-6, EUR 89. – Der Band geht auf eine Tagung im Jahr 2019 in Fribourg (Schweiz) zurück. Er versammelt ein knappes Vorwort und 14 Beiträge (neun [wie auch das Vorwort] in französischer, drei in deutscher und zwei in englischer Sprache), eingeteilt in die Abschnitte „La représentation littéraire de la mort du roi“, „Réalité et discours autour la mort du roi“ und „À chacun sa mort“. Ein Namen- und ein Werkregister (zusammen S. 285–296; kein Ortsregister) beschließen ihn. Hugo Bizzarri zählt im Vorwort (S. 7–14) verschiedene Facetten des königlichen Todes im MA auf und betont, der Band reihe sich in eine (nicht näher benannte) kritische Tradition mit Blick auf den Forschungsgegenstand ein, wolle allerdings besonders „l’entrelacement de l’histoire, des cérémonies et des discours littéraires“ (S. 14) beleuchten. Die Literaturgrundlage besteht hier vielfach aus bewährten Klassikern (E. Kantorowicz, R. Giesey, A. Erlande-Brandenburg); die ihrerzeit verdienstvolle, heute in Teilen korrigierte Studie „Der Kaiser stirbt“ (1993) von H.-M. Schaller sollte allerdings nicht mehr an zentraler Stelle (S. 13) unkritisch herangezogen werden. In den Beiträgen selbst stehen vielfach die Tode (und Bestattungen) einzelner Herrscher im Mittelpunkt: Alexander der Große (Catherine Gaullier-Bougassas, S. 17–37; Faustina Doufikar-Aerts, S. 39–56), Friedrich I. Barbarossa (Amaia Arizaleta, S. 125–146), Chlodwig (Anne-Marie Helvétius, S. 187–208), Heinrich VII. (Hans-Joachim Schmidt, S. 209–234), Robert von Anjou (Mirko Vagnoni, S. 235–249), Karl V. von Frankreich (Murielle Gaude-Ferragu, S. 251–264) oder Kaiser Friedrich III. (Michail A. Bojcov, S. 265–272). Vier weiter ausgreifende Aufsätze befassen sich mit Königstoden auf der Iberischen Halbinsel (besonders Kastilien): Thematisiert werden die Rolle der weiblichen Angehörigen verstorbener Herrscher in Kastilien, Pamplona und León (Georges Martin, S. 103–123), Besonderheiten kastilischer Herrschertode (Ariel Guiance, S. 147–156) oder „Begräbnisdichtung“ („Poésie funéraire“, Hugo O. Bizzarri, S. 157–168) sowie verschiedene Herrschertode in der Suma de reyes del Despensero (Jean-Pierre Jardin, S. 169–183). Ein weiterer Beitrag ist der Darstellung von Herrschertoden in Giovanni Boccaccios De casibus virorum illustrium gewidmet (Gilles Lecuppre, S. 57–68). Mit der Konservierung fürstlicher Leichname steht schließlich auch ein übergreifendes Phänomen im Fokus eines Textes (Michail A. Bojcov, S. 71–102), der an die Arbeiten von R. Schmitz-Esser zur Thematik (v. a. Der Leichnam im Mittelalter, 2014, vgl. DA 72, 437–439) anknüpft. Neben dem erwähnten geographischen Schwerpunkt zeichnet sich auch ein zeitlicher Fokus auf dem Hoch- und Spät-MA ab. Die in der Einleitung angesprochenen Verflechtungen spiegeln sich leider nicht in der Anlage des Bandes, trotz thematischer Überschneidungen wurde auf Querverweise verzichtet. Der Tod des Königs wird auf unterschiedlicher Quellengrundlage beleuchtet. Bereits der erste Abschnitt zeigt an, dass neben den dominierenden historiographischen und hagiographischen Quellen auch literarische Zeugnisse in den Diskurs miteingebunden werden. Die Bandbreite reicht allgemein von der Neubetrachtung bekannten, größtenteils edierten Materials (Helvétius), über die Arbeit mit mehreren Hss. eines Werks (Jardin) bis hin zur detaillierten Besprechung der Eigenheiten einer in der gängigen Edition nicht beachteten Hs. (Arizaleta mit kodikologischen Folgefragen). Die hier versammelten Aufsätze bieten vielfältige Einblicke und anregende Ergebnisse, vor allem, aber nicht ausschließlich zu Herrschertoden (und -bestattungen) auf der Iberischen Halbinsel im Hoch- und Spät-MA. Durchaus vorhandene Möglichkeiten zur Verknüpfung mehrfach thematisierter Phänomene und auch zu einer gebündelten Bilanzierung sowie Weiterführung dieser und weiterer jüngerer Forschungsergebnisse zu Herrschertoden im MA wurden indes leider nicht genutzt.

Manuel Kamenzin

(Rezensiert von: Manuel Kamenzin)