Jürgen Jablinski, Vom Pfand zum Amt. Vormoderne Staatsbildung in der Grafschaft Ravensberg 1428–1556 (Studien zur Regionalgeschichte 27) Bielefeld 2023, Verlag für Regionalgeschichte, 280 S., 3 Karten, ISBN 978-3-7395-1327-0, EUR 59. – Diese Studie zu Formen der Herrschaft ist 2018 als Diss. von der Univ. Bielefeld angenommen worden. Der Vf. hat die Grafschaft Ravensberg als Beispiel für „die vormoderne Herrschaftsverdichtung im Sinne des Übergangs von einer persönlichen, auf der Lehnsherrschaft basierenden Ordnung zu einer institutionalisierten Gebietsherrschaft mit verbindlichen Rechtsordnungen“ (S. 13) ausgewählt und untersucht. Die Auswahl dieser Grafschaft erfolgte auch „aufgrund ihrer geringen Größe“, weil sich hier der Transformationsprozess „sozusagen unter labormäßigen Bedingungen verfolgen“ (S. 23) lässt. Die Grafschaft, die während des Untersuchungszeitraums von 1428 bis 1556 als Exklave zum Herzogtum Jülich-Berg bzw. seit 1521 zum Herzogtum Jülich-Kleve gehörte, umfasste damals ca. 1000 km2 und hatte etwa 25.000 Einwohner. Der Vf. unterscheidet drei aufeinanderfolgende Phasen der Transformation, die mit den Stichworten Pfandherrschaft, Dienstherrschaft und Amtsherrschaft charakterisiert werden können. Der Beginn der ersten Phase (1428–1470) wird mit Bezug auf das Todesjahr Graf Wilhelms II. von Ravensberg (1402–1428) auf 1428 datiert; für sie ist die Pfandherrschaft bestimmend, eine vertragsbasierte Gestaltung der lokalen Herrschaftsorganisation, die nicht als Angelegenheit der Geldanlage missverstanden werden darf. Die zweite Phase (1470–1535) ist durch Dienstverträge charakterisiert, mit deren Hilfe sich eine „vertragsbasierte Herrschaft“ (S. 61) entwickelte. In der dritten Phase (1535–1556) erfolgte in der Grafschaft Ravensberg ein „Schritt in die Moderne“ (S. 105) durch die mühevolle Amtsherrschaft im Sinne einer „flächenbasierten Form lokaler Herrschaftsorganisation“ (S. 105), die mit Hilfe von allgemeingültigen und personenunabhängigen Amtsordnungen durchgesetzt wurde. Mit neuen Formen der fürstlichen Herrschaftsverdichtung war die Grafschaft nun auf dem Weg zum vormodernen Staat als institutionalisierter Gebietsherrschaft. Mit Bezug zum Titel des Buchs lautet die Kurzfassung dieses Wandels in der Herrschaftsorganisation: „Pfand ohne Amt“ (S. 25), „Pfand und Amt“ (S. 69) und „Amt ohne Pfand“ (S. 105). Für die Erforschung der Grafschaft Ravensberg ist der Vf. durchaus entsprechend seiner Absicht „einen neuen Weg“ (S. 21) gegangen und hat durch einen Perspektivenwechsel überzeugende Fortschritte und neue Erkenntnisse erreicht. Inwieweit es sich bei seinen Ergebnissen um „verallgemeinerungsfähige Aussagen“ (S. 15) auch zu anderen Territorien im Alten Reich handeln kann, wird zu überprüfen sein. – Zehn Quellen sind in Transkription (S. 225–251) beigefügt. – Die Abk. „Urbar 3“ (S. 24 Anm. 35) fehlt im Verzeichnis der Abkürzungen auf S. 253. Auf S. 163 ist statt „Iberg“ „Iburg“ zu lesen. Im Titel von Hans-Georg Krause steht „Pfandschaften“ (S. 264) statt „Pfandherrschaften“.
Goswin Spreckelmeyer
(Rezensiert von: Goswin Spreckelmeyer)