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Werner Freitag, Westfalen. Geschichte eines Landes, seiner Städte und Regionen in Mittelalter und Früher Neuzeit, Münster 2023, Aschendorff Verlag, 667 S., 84 Abb., 5 Karten, ISBN 978-3-402-24952-9, ISBN (E-Book-PDF) 978-3-402-24953-6, EUR 44. – Der Vf., von 2004 bis 2021 Inhaber der Professur für Westfälische und Vergleichende Landesgeschichte (13.–18. Jh.) an der Univ. Münster/Westf., veröffentlicht mit diesem Buch „in wesentlich erweiterter Form“ seine im WS 2020/21 und im SS 2021 gehaltene „Abschiedsvorlesung“ (S. 9), eine neue Gesamtschau, die er als „‘meine’ Geschichte Westfalens“ (S. 10) versteht. Westfalen ist historisch „ein vielschichtiges Phänomen“ (ebd.); hier wird im Sinne einer Vorgeschichte „eine genetische Landesgeschichte“ (S. 12) des heutigen Teilbundeslandes Westfalen mit administrativen, territorialen und verfassungsgeschichtlichen Schwerpunkten vorgelegt. Als zweite Dimension weist der Vf. auf „Westfalen als Mental-Map, Heimat und Organisationsrahmen“ (S. 12–15) hin, und eine dritte Dimension stellen „Stereotype und Alltagshandeln“ (S. 15–18) dar. Die Darstellung, in der sich analytische Ausführungen mit Erzählungen abwechseln, beginnt 772 mit den Sachsenkriegen Karls d. Gr. und endet mit der Säkularisation 1803, und bei diesem „Durchlauf durch Zeit und Westfalenraum“ (S. 20) gilt es, „auch und gerade das Spezifische Westfalens und seiner Subregionen zu entdecken“ (S. 19). Von den 14 Buchkapiteln beziehen sich fünf auf die Zeit des MA (S. 27–204), das hier mit dem „‘langen’ 15. Jahrhundert (ca. 1350–1530/50)“ (S. 205) endet. Am Anfang wird die Christianisierung der überwiegend sächsischen Bevölkerung seit dem 8. Jh. „als wesentliches Moment einer westfälischen Geschichte“ (S. 43) gesehen. Weitere Schwerpunkte für den Verlauf der westfälischen Geschichte im MA sind dann der Adelsstand, die städtischen Siedlungen, die Umbrüche in der territorialen Entwicklung in der Zeit von 1180 bis ca. 1350 und dann im „langen“ 15. Jh. eine verstärkte Differenzierung der Gesellschaft, „ein Mehr an Territorialisierung“ (S. 205) sowie eine Intensivierung der Frömmigkeit. Zur Konkretisierung kann darauf hingewiesen werden, dass für das späte 15. Jh. im Gebiet des heutigen Westfalen von einer Bevölkerungszahl von 300.000 bis 400.000 Personen ausgegangen wird. – Der Vf. ist nach seinem Selbstverständnis „kein westfälischer Geschichtsbaumeister“, er hat keine „westfälische Identität“ konstruiert (S. 20), aber er bietet eine neue und anregende Synthese der westfälischen Geschichte. – Ein Register der Orte und Herrschaftsräume ist beigefügt (S. 651–667). – Otto d. Gr. regierte als König seit 936 und nicht erst seit „951“ (S. 120). „Schilder“ (S. 146) ist in „Schilde“ zu korrigieren. Die im Zusammenhang mit der Dortmunder Synagoge erwähnte rituelle Reinigungsstätte „Mikwe (Frauenbad)“ (S. 153) war nicht den Frauen vorbehalten.

Goswin Spreckelmeyer

(Rezensiert von: Goswin Spreckelmeyer)