Jaap Ligthart, Vorst aan de grond? De financiële rol van het vorstelijke domein in de laatmiddeleeuwse Nederlanden (1356–1473) (Middeleeuwse Studies en Bronnen 182) Hilversum 2022, Verloren, 320 S., ISBN 978-94-6455-017-7, EUR 40. – Der Titel dieser Studie ergibt im Niederländischen ein schönes Wortspiel wegen der doppelten Bedeutung des Wortes „Vorst“. Es kann sowohl bedeuten, dass der Landesherr (Vorst) pleite ist, aber es ist auch der Ausdruck für Frost auf dem Boden. Der Forschungsschwerpunkt der Arbeit liegt auf der Bedeutung von Domänen für die staatliche Finanzierung einiger Landesherren oder Fürsten in den Niederlanden im Spät-MA. Aufgrund steigender Ausgaben durch Kriege (häufig finanzintensiv durch den Einsatz von Söldnern) und hohe Kosten der fürstlichen Hofhaltung reichten die Einkünfte aus den landesherrlichen Domänen immer weniger aus. Hauptsächlich gab es zwei Möglichkeiten, den Bedarf an liquiden Mitteln zu decken: Verpfändung oder Verkauf von Domänen einerseits und die Erhebung von Steuern (Bede) andererseits. Beide Fälle erforderten die Mitwirkung der Stände, wodurch der Landesherr von diesen abhängig wurde. An erster Stelle hervorzuheben sind die in den Anhängen durchgeführten Analysen der benutzten Quellen: Von großer Bedeutung sind die sogenannten Domänenverzeichnisse, die von den Landesherren aus dem Haus Burgund angefertigt wurden. Sie sind eine bisher wenig bekannte und genutzte Quelle, die sicherlich mehr Aufmerksamkeit verdient. Ein Diagramm mit Währungsverhältnissen ist ebenfalls ein sehr hilfreiches Instrument für weitere Recherchen. Untersucht werden die landesherrlichen Finanzen der Herzogtümer Brabant, Luxemburg und Geldern und der Grafschaft Holland vor der burgundischen Periode, insgesamt etwa über 125 Jahre. Diese Abgrenzung ist nicht unproblematisch, denn es ist nicht so eindeutig, was man unter ‘vorburgundisch’ zu verstehen hat. Das Herzogtum Geldern etwa wurde nach jahrzehntelangen Wirren erst 1543 formell in die burgundisch-habsburgischen Niederlande einverleibt. Drei der vier Fürstentümer wurden von Frauen regiert, die oft unter dem Einfluss von Beratern standen, so dass sich die Frage stellt, wer dort wirklich das Sagen hatte. Auch die Abgrenzung der einzelnen Territorien ist schwierig; aber der Vf. ist sich dessen mehr als ausreichend bewusst. Interessant ist der Unterschied zwischen stärker urbanisierten und ländlichen Regionen. In Kapitel 2 werden verschiedene Auffassungen von Domänen diskutiert: Waren sie persönliches Vermögen des Fürsten, oder gehörten sie dem Land? Ein Problem bei der Bewertung von Einkünften aus Domänen besteht oft darin, dass es sich meistens nicht um Geldeinkünfte, sondern um Sacheinkünfte handelte. In Kapitel 3 geht der Vf. ausführlich auf Unterschiede zwischen Währungen ein, auf den statischen Charakter von Domänen und auf die Organisation der Verwaltung und Rechnungsprüfung. Seine Schlussfolgerung ist, dass Domänen oft mehr kosteten, als sie einbrachten. Kapitel 4–7 drehen sich um die Frage, welche Alternativen es für den Fürsten gab, um Geld zu beschaffen: Steuern und Beden (was die Mitwirkung der Stände erforderte) oder die Ausgabe von Schuldverschreibungen bzw. die Verpfändung von Domänen. Die Präferenz war je nach Region unterschiedlich, aber die Verpfändung war eine Methode, die relativ schnell beträchtliche Geldsummen einbrachte. Anschließend wird beschrieben, welche Methoden der Verpfändung angewendet wurden. Der Vf. wendet sich auch den Finanziers des Fürsten zu. Deren Mehrheit bestand aus Adligen, die, wenn sie nicht über Eigenmittel verfügten, Geld von professionellen Geldverleihern wie Juden, Lombarden, und Geldwechslern bezogen. Die Rolle des Adels ist aus mehreren Gründen interessant. Domänen waren eine sichere Geldanlage, der Besitz von landesherrlichen Domänen verlieh ein gewisses Prestige und band den Besitzer enger an den Herrscher. Adlige waren auch in den Ständen vertreten und hatten somit auch Einfluss darauf, wie der Finanzierungsbedarf des Landesherrn gedeckt wurde. Damit waren Domänen nicht länger eine Privatangelegenheit des Fürsten, sondern auch ein Verhandlungsobjekt bei der Bede. Der Widerstand der Stände gegen die Verpfändung von Domänen war übrigens unterschiedlich ausgeprägt und in Brabant am größten. L.s Studie endet mit einer Kosten-Nutzen-Analyse von Verpfändungen. Sie brachten schnelles Geld, der langfristige Nachteil war jedoch, dass für den Fürsten eine stabile Einnahmequelle, auch wegen fehlender Rückzahlung, auf die Dauer verloren ging. Dies erhöhte die Abhängigkeit des Fürsten von Steuern. Fazit: L.s Studie stellt einen interessanten Beitrag dar über die Art und Weise, wie fürstliche Landesherren am Ende des MA ihren Finanzierungsbedarf befriedigten. Die Analysen in den Anhängen sind auch für künftige Forschung sehr nützlich. Nach all dem Lob vielleicht eine kleine kritische Anmerkung. Obwohl Englisch heutzutage in der wissenschaftlichen Welt eine lingua franca ist, ist es etwas störend, in einer ansonsten gut lesbaren niederländischen Diss. regelmäßig ohne Not englischen Fachjargon wie „domain state“, „mortgage“, „public debt“ oder „tax-state“ zu lesen, ganz abgesehen von der Frage, ob diese englischen Termini ma. Begriffe abdecken. Aber vielleicht hat der Vf. die Absicht, seine Befunde auch auf Englisch zu veröffentlichen, das würde sich auf jeden Fall lohnen!
Jacques van Rensch
(Rezensiert von: Jacques van Rensch)