Anna Rad, minne oder recht. Konflikt und Konsens zur Zeit Kaiser Karls IV. und König Wenzels (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte 33) Wien / Köln / Weimar 2020, Böhlau Verlag, 195 S., ISBN 978-3-412-51541-6, EUR 49. – Die Paarformel minne und recht hat eine lange rechtshistorische Tradition und zielt inhaltlich auf die Art der Beilegung von Streitigkeiten. Geschieht die Konfliktbeilegung durch eine gütliche Einigung (minne) oder im Rahmen eines Prozesses mit abschließendem Urteil (recht)? Das gängige Begriffspaar bildet den Untersuchungsgegenstand einer von Peter Oestmann in Münster betreuten rechtsgeschichtlichen Diss. Als eng umrissene Materialbasis für die Analyse wurden Urkunden des königlichen Hofgerichts aus der Zeit Karls IV. und seines Sohnes König Wenzel ausgewählt, ermittelt über das einschlägige Regestenwerk Urkundenregesten zur Tätigkeit des deutschen Königs- und Hofgerichts bis 1451 von Bernhard Diestelkamp (vgl. zuletzt DA 67, 674f.). Daraus destillierte die Vf. insgesamt 160 Urkunden (108 davon bereits gedruckt, 52 ungedruckt) für ihren Untersuchungsgegenstand. Die Einleitung stellt Forschungsstand und Erkenntnisziele kurz vor, skizziert in einem Überblickskapitel die verschiedenen Formen der königlichen Gerichtsbarkeit und beschreibt die Quellenbasis der Arbeit (S. 17–41). Nicht weiter hinterfragt wird dabei etwa die interessante Beobachtung, dass die Paarformel bei manchen Konflikten häufiger vorkommt als bei anderen. Eine Häufung wird ausgemacht im Umfeld des Ersten Süddeutschen Städtekriegs (S. 40). Sind dafür regionale Besonderheiten verantwortlich, lassen sich kanzleibedingte Zusammenhänge vermuten? Der Hauptteil der Arbeit besteht aus fünf Kapiteln, die die Verwendung der Begriffsformel minne und recht näher in den Blick nehmen. Ein erster Zugriff geschieht unter dem Titel „Gegensatz und Einheit“ (S. 45–59). Die untersuchten Verfahren in diesem Bereich verwendeten die Paarformel minne und recht überwiegend in der Bedeutung eines Schiedsgerichts (S. 58). Unter der Überschrift „Abwandlungen und Abgrenzungen“ (S. 61–81) werden dann eine Reihe von verwandten Termini untersucht (z.B. freundlich, gütlich, richtung oder gelimpfe), die unter „Ergebisse“ sehr schematisch und knapp bewertet werden (S. 81). Im Zentrum des folgenden Abschnitts (mit der Überschrift „minne – recht“, S. 83–112) steht die Frage nach dem Vorkommen und der Bedeutung sogenannter Minnesprüche, die die ältere Forschung bei nichtkonsensualen Entscheidungen postulierte. Demgegenüber, so die Vf., lieferten die untersuchten Verfahren keine eindeutigen Belege für einen Nachweis solcher Minnesprüche. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem Ausdruck freundliches recht (S. 113–127), der nur in einem Dutzend Verfahren vorkommt und dessen Bedeutung relativ unspezifisch bleibt. Abschließend behandelt ein letztes Kapitel spezifische Verfahren, in denen vorzugsweise das zweistufige Verfahren – zunächst minne, dann recht – im Vordergrund stand (S. 129–165). Eine Zusammenführung präsentiert am Ende des Bandes (S. 167–173) etwas schematisch die Ergebnisse der terminologischen Untersuchung, die einen wichtigen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Paarformel liefert. Leider fehlt ein Orts- oder Namenregister, das die untersuchten Verfahren genauer aufschlüsseln würde.
Erwin Frauenknecht
(Rezensiert von: Erwin Frauenknecht)