Danila Scalmazzi, Tra Milano e Firenze. Cristoforo Landino volgarizzatore dei Rerum gestarum Francisci Sphortiae commentarii di Giovanni Simonetta. Edizione critica della Sforziada di Cristoforo Landino (Medioevi novissima 4) Milano 2021, Ledizioni, CCXLIX u. 528 S., Abb., ISBN 978-88-5526-440-2, EUR 48. – Die von dem Florentiner Humanisten Cristoforo Landino erstellte Übersetzung der Commentarii Simonettas wurde bereits als Zeugnis für die Ausrichtung des mailändischen Hofs an der Kultur von Florenz und geradezu als „un atto di politica linguistica“ gedeutet (Maurizio Vitale, La veneranda favella. Studi di storia della lingua italiana, 1988, S. 172f.). S. legt erstmals eine kritische Edition des Werks vor. Die als Diss. in Fribourg (Schweiz) konzipierte Studie beinhaltet eine enorme Arbeitsleistung: Der Editionsteil umfasst mehr als 520 eng bedruckte Seiten; voran geht eine fundierte Einleitung von knapp 250 Seiten. Diese „Introduzione“ besteht aus drei Teilen. Kapitel 1 behandelt die Entstehung des lateinischen Ausgangstexts, der Rerum gestarum Francisci Sphortiae commentarii von Giovanni Simonetta. Das 1482 im Druck erschienene Werk möchte die Legitimität von Francesco Sforza und seiner Nachkommen als Herzöge von Mailand bezeugen. Das zweite Kapitel ist der Übersetzung der Commentarii ins Italienische gewidmet. Landinos Sforziada entstand 1484/85 im Auftrag von Ludovico il Moro. Die Dynamik des Texts wird in der Hs. Bibl. Ambrosiana, A 271 inf., greifbar, in der das Volgarizzamento von Landino mit Ergänzungen und Korrekturen, zum Teil von der Hand Simonettas selbst, versehen ist. Sprachhistorisch interessant ist die Deutung dieser Eingriffe als eine „defiorentinizzazione“; inwieweit die Reduktion der typisch florentinischen Elemente mit einer Hinwendung zur lombardischen Schreibtradition gleichgesetzt werden kann, ist fraglich (S. CXLVIII). Die Hs. bildet die Grundlage für den Erstdruck, der 1490 bei Antonio Zarotto in Mailand erschien. Das dritte Kapitel beleuchtet den Platz der Sforziada in der mailändischen Geschichtsschreibung. Anhand einschlägiger Autoren – von Antonio Minuti über Lodrisio Crivelli, Biondo Flavio und Pier Candido Decembrio bis zu Bernardino Corio – wird die Wechselwirkung von politischer Geschichte und Geschichtsschreibung zur Zeit der Sforza-Herzöge nachgezeichnet. Erhellend ist hier auch die Charakterisierung der Gattung der Commentarii (S. CLXXIX–CLXXXVI). Die Edition folgt der Hs.; im Apparat sind die Ergänzungen und Korrekturen sowie Lesarten des Erstdrucks verzeichnet. Die Eingriffe der Hg. sind nachvollziehbar dokumentiert. Die in der Appendix abgedruckte „Tavola“ mit Resümees der 31 Bücher der Sforziada nach der Edition Venedig 1543/44 erlaubt eine erste Orientierung in dem Werk (S. 521–528). Es handelt sich um eine umsichtig durchgeführte, detailfreudige Studie, die einen gesicherten Zugriff auf die Sforziada von Cristoforo Landino erlaubt. Die akribisch aufgearbeitete Textgeschichte des Volgarizzamento wird im Apparat des Editionsteils veranschaulicht. S. macht diesen für die Geschichte Mailands wichtigen Text auf gesicherter Grundlage zugänglich.
Raymund Wilhelm
(Rezensiert von: Raymund Wilhelm)