DA-Rezensionen online

Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

Sie bleibt nach Erscheinen der Printausgabe online verfügbar.

Sabine Lange-Mauriège, Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs. Entstehungsgeschichte und kulturhistorische Verortung der Kölner Übersetzung des Pèlerinage de vie humaine (Libelli Rhenani 81) Köln 2021, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, XIV u. 421 S., 19 Abb., ISBN 978-3-939160-91-5, EUR 25. – Die Traumallegorie Pèlerinage de la vie humaine des Zisterzienserpriors Guillaume de Digulleville, entstanden zwischen 1330 und 1342, hat zahlreiche lateinische und volkssprachige Adaptionen und Übersetzungen erfahren, darunter im 15. Jh. ins Niederländische sowie ins Deutsche. Unter den drei deutschsprachigen Fassungen, für die sich in der Literaturgeschichtsschreibung der Titel Pilgerfahrt des träumenden Mönchs eingebürgert hat, sticht die Kölner Versübersetzung des Peter von Merode deswegen hervor, weil wir über ihre Entstehungsumstände seit der Edition von A. Meijboom (1926) und dank zahlreicher durch die Hs. Köln, Historisches Archiv, cod. G.B. 4° 112, überlieferter paratextueller Daten verhältnismäßig gut informiert sind: Entstanden ist die Übersetzung 1430, erhalten ist eine 1444 im Kölner Kreuzbrüderkloster durch den Bibliothekar Konrad von Grünberg initiierte und von dem Schreiber Johannes Dursten ausgeführte Abschrift, die ihrerseits zwischen 1445 und 1490 Gegenstand von bis zu zwei Korrekturgängen von der Hand des Johann Haer gewesen ist. Ziel der auf eine Kölner Diss. bei Ursula Peters (2015) zurückgehenden Monographie ist es, den durch diese überlieferungsgeschichtlichen Eckdaten vorgegebenen Rahmen kodikologisch sowie kultur- und geistesgeschichtlich zu konkretisieren. Ergebnis ist zum einen eine äußerst detaillierte Beschreibung der nach dem Kölner Archiveinsturz von 2009 vollständig restaurierten Hs. (S. 23–49). Zum anderen beabsichtigt die Vf., näheren Aufschluss über die Entstehungsumstände der Kölner Übersetzung und besonders über die Rolle Peters von Merode zu gewinnen (S. 159–221) sowie v. a. den möglichen Anteil der gebürtigen Normannin Maria von Geldern, in der Literatur- und Kunstgeschichte in erster Linie als Initiatorin des Gebetbuchs Berlin, Staatsbibl., mgq 42, und Wien, ÖNB, Cod. 1908, bekannt, an der Vermittlung der französischen Vorlage präziser zu umreißen (S. 208f.; 223–293). Neues Quellenmaterial, das Marias Beteiligung konkretisieren oder gar beweisen würde, kann die Vf. zwar nicht vorlegen; entsprechend erfolgt u.a. auch keine überzeugende Auflösung der chronologischen Grauzone zwischen Marias Rückzug vom Gelderner Hof nach dem Tod Rainalds IV. (1423) bzw. ihrem eigenen Ableben (zwischen 1428 und 1431) und dem Entstehungszeitpunkt der Kölner Übersetzung (1430). Durch eine ebenso detaillierte wie sorgfältige Neubewertung der bekannten Quellen zu Marias Biographie und zum literarischen Leben am Jülich-Gelderner Hof im ersten Drittel des 15. Jh. kann sie aber immerhin „sehr wahrscheinlich“ (S. 293) machen, dass sich die Übersetzung des Peter von Merode in genau diesem Umfeld situieren lässt.

Nikolaus Ruge

(Rezensiert von: Nikolaus Ruge)