J. F. Böhmer, Regesta Imperii I. Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karolingern 751–918 (987), Bd. 4: Papstregesten 800–911, Teil 2: 844–872, Lieferung 3: 867–872 (Hadrian II.) und Gesamtregister, erarbeitet von Klaus Herbers, Köln u. a. 2021, Böhlau, XXVIII u. 307 S., ISBN 978-3-412-51866-0, EUR 100. – Mit der dritten Lieferung liegt nun der zweite Teil der Papstregesten unter den Karolingern aus den Jahren 844–872 vollständig vor. Nach den Regesten zu den Pontifikaten Sergius’ II., Leos IV., Benedikts III. (Lieferung 1, vgl. DA 56, 638f.) und Nikolaus’ I. (Lieferung 2, vgl. DA 69, 191f.) wird in 189 Regesten (Nr. 871–1059) der Pontifikat Hadrians II. bearbeitet. Anders als bei seinem Vorgänger Nikolaus I., dessen Nachwirkung sowohl in der Historiographie als auch in der Kanonistik recht einfach nachgewiesen werden kann (S. XIIf.), ließ sich die Frage nach Hadrians II. Vermächtnis bislang nur unscharf beantworten. Vielmehr galt Hadrian II. als „Erbe wider Willen“ (Hans Grotz), was sich vor allem auf die „geerbten“ politischen Thematiken zurückführen lässt. So bestimmen die Anfangszeit seines Pontifikats nach wie vor der lotharische Ehestreit (fast 10 % der Regesten) sowie die Beziehungen zu Byzanz (Slawenmission durch Method, Streit um Bulgarien, Ignatios als Nachfolger des Photios). Daneben finden sich Regesten bezüglich der Erbfolge Lothars II. (nach dessen Tod im Jahr 869), der Revolte Karlmanns gegen seinen Vater Karl den Kahlen (nach 870), zahlreiche Schreiben an Kaiser Ludwig II. (vor allem in Bezug auf die Erbfolge Lothars II. und die Kämpfe gegen die Sarazenen) und betreffend die Angelegenheiten Karls des Kahlen (Streitigkeiten mit Graf Nortmann, Unstimmigkeiten mit Hinkmar von Reims bzw. dessen Neffen Hinkmar von Laon). Generell lässt sich jedoch vor allem ein „punktuelles und anlaßbezogenes Handeln des Papstes“ festhalten (S. XII, vgl. beispielsweise die Regesten bezüglich der Wahl des Kölner Erzbischofs Willibert Nr. 987–989, 1002–1004 und 1006). Dem Band ist ein knapp über 170 Seiten fassendes Register beigegeben, nominell das Gesamtregister für alle drei Lieferungen des zweiten Teils der Papstregesten unter den Karolingern. Verzeichnet werden zunächst die Initien (inklusive Binnenincipit), es folgen Konkordanztabellen – gegenüber dem zweiten Faszikel um eine Konkordanz zur dritten Auflage der Regesta pontificum Romanorum von Jaffé (2016/17) und natürlich um den Pontifikat Hadrians II. erweitert. Wünschenswert wäre an dieser Stelle zusätzlich eine „umgedrehte“ Konkordanz (gerne in Form einer Gesamtkonkordanz), die dem Nutzer zunächst die Regestennummer der Reg. Imp.-Faszikel nennt und dann die Stellen angibt, an denen die jeweilige Nummer bereits vorher verzeichnet war. So könnte man auf den ersten Blick Umdatierungen oder Neufunde feststellen. Hilfreich für die Nutzung der Papstregesten ist zusätzlich das Gesamtregister der Orte und Personen, das alle drei Lieferungen umfasst. Ebenso enthält der Band ein umfangreiches Literatur- und Quellenregister; die Benutzung dieses Registers würde allerdings an mancher Stelle durch Verweise erheblich vereinfacht werden. Größere Mängel sind jedoch im Verzeichnis der hsl. Überlieferung zu konstatieren: Nur vereinzelt findet die hsl. (kopiale) Überlieferung der Nummern der dritten Lieferung Aufnahme, und dies ohne erkennbares System: So sind von den meisten nicht nur als Erwähnung auf uns gekommenen Regesten keine hsl. Überlieferungen verzeichnet (Nr. 910–913, 921–923, 925–927, 931, 933f., 936, 940, 952f., 973–975, 977, 993, 995–997, 1029–1031, 1040f., 1055), einige Nummern nennen nur eine von bis zu zwölf Hss. (Nr. 897, 937f., 994, †[?]1018, 1038, 1054). Nur in wenigen Fällen ist die kopiale Überlieferung vollständig im Register erfasst (Nr. 960, †[?]982, †1037, †1056, 1058). Bedauerlicherweise sind auch einige Fehlerchen aus dem Register der zweiten Lieferung erhalten geblieben („Cathedral Liberary“ in Canterbury), die jedoch – ebenso wie kleinere formale Schwächen wie fehlende Hinweise auf Fälschungen im Register (z. B. 879 statt †879 im Verzeichnis der Initien) oder Zahlendreher im Register der Orte und Personen (z. B. bei Anastasius Bibliothecarius) – durchaus zu vernachlässigen sind. Trotz der genannten Schwachstellen darf der Wert des vorliegenden Bandes nicht unterschätzt werden. Gerade die Kommentare zu den einzelnen Regesten, ihrem teils äußerst komplexen Inhalt (inkl. Angabe von relevanter Forschungsliteratur), die Auseinandersetzung mit der Überlieferung (Erwähnungen, Deperdita, Fälschungen) sowie die zeitliche Einordnung der einzelnen Nummern (vor allem der nur unscharf datierten Mitteilungen im Liber pontificalis, der als Hauptquelle für den Pontifikat Hadrians II. gelten kann) bieten durchaus einige Neuerungen gegenüber den bisherigen Regestierungen. Anhand der Regesten – in Zusammenhang mit den bereits 2019 erschienen Papstbriefen des 9. Jh., vgl. DA 77, 770 – kann der Pontifikat Hadrians II. nun noch genauer durchleuchtet und die oben erwähnte Frage nach seinem Vermächtnis womöglich besser beantwortet werden.
K. G.
(Rezensiert von: Katharina Gutermuth)