Das Augsburger Stadtrecht von 1156. Zweisprachige Ausgabe mit Erläuterungen, hg. von Christoph Becker / Matthias Ferber (Augsburger Schriften zur Rechtsgeschichte 39) Berlin / Münster 2020, LIT Verlag, VII u. 123 S., Abb., ISBN 978-3-643-14806-3, EUR 19,90. – Die Urkunde, mit der Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1156 das in Augsburg geltende Recht bestätigte (D F. I. 147), gehört zu den ältesten Stadtrechtsaufzeichnungen nördlich der Alpen und wurde schon mehrfach in unterschiedlichen Kontexten ediert. Die vorliegende Ausgabe ist das Ergebnis eines „Projekt-Seminars“, das die Hg. in den Jahren 2018/19 mit Schülern der Oberstufe des Augsburger Gymnasiums St. Stephan unter dem Titel „Von der Urkunde zum Buch – Das Augsburger Stadtrecht von 1156“ durchgeführt haben. Entstanden ist eine kommentierte Textausgabe mit deutscher Übersetzung, die sich bewusst an eine breite Leserschaft richtet. In fünf Kapiteln werden verschiedene Aspekte der Urkunde erläutert, die durch die Erklärung zentraler Begriffe und Sachverhalte erschlossen wird. Sie informieren allgemein über Form und Gestaltung einer ma. Urkunde, die Rechtswirksamkeit der Urkunde von 1156, die im Grunde bis zum Ende des Alten Reichs in Kraft geblieben ist, sowie die juristischen, politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte, die in der Barbarossa-Urkunde zur Sprache kommen (Strafen, Münze, Maße, Ständeordnung). Das Stadtrecht wird als Kompromiss gedeutet, durch den ein langjähriger Konflikt zwischen dem Augsburger Bischof und der Bürgerschaft beigelegt wurde (S. 70f.). Verfasst wurden die Texte allesamt von Schülern, die weitgehend eigenverantwortlich arbeiteten. Mit großer Akribie haben sich die Vf. dem komplexen Thema von verschiedenen Seiten angenähert, um die Urkunde zum Sprechen zu bringen – eine durchaus beeindruckende Schülerleistung, die das Besondere des Bandes ausmacht. Wer sich genauer über die Entstehungsumstände des „ältesten Augsburger Stadtrechts“ und den Entwicklungsstand der Augsburger Stadtgemeinde im Vergleich zu anderen Städten im Reich informieren möchte, stößt allerdings rasch an Grenzen oder ist auf die weiterführende Literatur angewiesen, auf die am Ende jedes Kapitels hingewiesen wird. Eine Einordnung der einzelnen Beiträge in einen breiteren stadtgeschichtlichen Kontext fehlt. Man hätte sich gewünscht, dass Hg. und Seminarleiter hier mitunter etwas stärker unterstützend eingegriffen hätten. Manche Fehler wären sicher vermeidbar gewesen (vgl. etwa S. 32f.: in curia Ratisponae meint nicht das „Rathaus zu Regensburg“, sondern den Regensburger Hoftag von 1152; S. 40f., § 5.d bzw. S. 46f., § 8.k: expeditio ist keine bloße „Erledigung“, sondern eine „Heerfahrt“, wodurch die jeweiligen Bestimmungen erst richtig verständlich werden). Insgesamt ist es den Hg. und Vf. jedoch gelungen, anhand eines prominenten Einzelbeispiels ein Stück MA lebendig werden zu lassen und insbesondere einer nichtfachkundigen Leserschaft näher zu bringen. Dass es überdies möglich war, Schüler für ein solches über zwei Jahre dauerndes Editionsprojekt zu begeistern und so an die Wissenschaft heranzuführen, ist eine Leistung für sich. Sie verdient besondere Anerkennung.
Mathias Kälble
(Rezensiert von: Mathias Kälble)