Reutlinger Urkundenbuch, Teil 1: Die Urkunden bis 1399, bearb. von Bernhard Kreutz, Reutlingen 2019, Stadtarchiv Reutlingen, XLII u. 630 S., ISBN 978-3-939775-74-4, EUR 60. – Mit dem vorliegenden ersten Band wird ein Urkundenbuch vorgelegt, das nachholt, was andere ehemalige schwäbische Reichsstädte schon im 19. Jh. realisiert haben. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das lohnenswerte Projekt zu begrüßen, denn die Neuerschließung des reichen Reutlinger Urkundenmaterials bietet einen großen Erkenntnisgewinn und verbessert den Zugriff. Dass der Bearb. sehr großem Druck ausgesetzt war, den Band innerhalb einer kurz bemessenen Zeitspanne zum Ende zu führen, und die Urkunden deshalb teilweise nicht in dem Maße kollationiert werden konnten, wie es erforderlich gewesen wäre, ist ihm kaum anzulasten. Insgesamt versammelt der Band 967 Stücke von 1241 bis 1399, von denen 281 als Volltextedition zur Gänze neu erschlossen wurden, während zu 686 Urkunden Regesten vorgelegt werden, die auf ältere Drucke verweisen. Die Auswahl der Stücke folgt nicht dem Pertinenzprinzip, vielmehr wurde eine Rekonstruktion des ursprünglichen Archivfonds angestrebt: Berücksichtigung fanden dabei die in Reutlingen ausgestellten und andernorts überlieferten Urkunden, nach einem „erweiterten Fondsprinzip“ (S. XVII). Dieses Prinzip wurde gleichwohl nicht konsequent angewendet, denn Urkunden, die ‘nur’ den Ausstellungsort Reutlingen aufweisen, wurden nicht aufgenommen (S. XVII). Der Wechsel zwischen Volltextedition und Kurzregesten mit entsprechendem Verweis ist aus „arbeitsökonomischen Gründen“ (S. XX) verständlich, schränkt die Nutzung des Bandes aber massiv ein, denn das Register (das Personen und Orte kombiniert) bietet lediglich Zugriff auf die in den Kurzregesten genannten Personen (Aussteller, Empfänger), nicht aber auf weitere, nicht im Volltext abgedruckte Personen. Hier hätten Vollregesten vielerlei Vorteile geboten. Während moderne Urkundeneditionen in der Regel hilfswissenschaftlich und materialitätshistorisch wichtige Informationen mit angeben, werden hier zwar Angaben über die Art des Schriftträgers (Pergament, Papier) und den Zustand des Siegels geboten, weitere Informationen zu Ausrichtung, Größe, Plica, Zeilenzahl, Dorsalvermerken oder Art der Faltung/Aufbewahrung fehlen. Um dieser Problematik zu begegnen, ist eine Online-Version des Urkundenbuchs geplant, in der alle Texte im Volltext verfügbar sein sollen (S. XVIII) und in der dann, wie zu hoffen steht, die zwischenzeitlich bekanntgewordenen Transkriptionsfehler bereinigt werden. Wenn diese um die diplomatischen Basisinformationen und vollfarbige Digitalisate aller Stücke (die Urkunden des Stuttgarter Bestands B 201 sind schon jetzt als Digitalisate einsehbar) erweitert wären, könnten all die kleinen Unzulänglichkeiten, welche die Freude über das Vorliegen des Bandes bisher noch schmälern, korrigiert werden.
Thomas Wozniak
(Rezensiert von: Thomas Wozniak)