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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

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Dalmatia-Croatia Pontificia sive Repertorium privilegiorum et litterarum a Romanis pontificibus ante annum MCLXXXXVIII concessorum, congessit Waldemarus Könighaus usus Iacobi Stipšić (†) schedis (Regesta Pontificum Romanorum, Dalmatia-Croatia Pontificia) Göttingen 2022, Vandenhoeck & Ruprecht, XIII u. 496 S., Abb., ISBN 978-3-525-31738-9, EUR 150. – Im Rahmen des Akademievorhabens Regesta Pontificum Romanorum richten sich die Bemühungen seit einigen Jahren zunehmend auf den osteuropäischen Raum, insbesondere dank der Leistungen von K. Nach der Veröffentlichung der beiden Bände über Böhmen-Mähren (2011, vgl. DA 68, 183f.) und Polen (2014, vgl. DA 71, 226) liegt nun ein drittes Werk vor, das eine umfassende Rekonstruktion der überlieferten Kontakte zwischen dem Papsttum und der slawisch geprägten Kulturwelt ermöglicht. Im Gegensatz zu Böhmen und Polen begann die Interaktion zwischen Rom und Personen sowie Institutionen jenseits der Adria nicht erst im frühen MA, sondern bereits in der Spätantike, und dies aufgrund der Integration dieses Gebiets in das römische Imperium. Das Register Gregors des Großen belegt mehr als 50 Kontakte mit Akteuren auf dem Balkan, insbesondere mit den Bischöfen von Split und Zadar, wobei es zunächst um pelagianische Lehren und später vor allem um Fragen der kirchlichen Disziplin ging. Nach einem Rückgang der Interaktionen zwischen dem 7. und der Mitte des 9. Jh. nahmen die Kontakte ab dem Pontifikat Johannes’ VIII. wieder zu, wobei dies in erster Linie der Verfügbarkeit des Registers dieses Papstes geschuldet ist, und wuchsen exponentiell seit der Zeit der Reformpäpste. Das Werk folgt dem üblichen Muster der Pontificia-Bände und erfasst alle nachweisbaren und plausiblen päpstlichen Kommunikationsakte von der frühchristlichen Zeit bis zum Pontifikat Cölestins III. Die einzelnen Kontakte sind nach einem räumlich-institutionellen Prinzip strukturiert. Der Band behandelt vier Reiche bzw. Fürstentümer und 33 Bistümer, von denen vier zu einem späteren Zeitpunkt als Erzbistümer galten (Split, Zadar, Dubrovnik und Bar). Die berührten Orte erstrecken sich über das heutige Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien. Im Vergleich zu den Pontificia-Bänden über westeuropäische Regionen fällt die geringe Zahl an kirchlichen Kommunikationspartnern in den einzelnen Bistümern auf. Die meisten dokumentierten Kontakte betreffen Bischöfe und in geringerem Maße weltliche Herrscher. Neben den Bischofskirchen werden lediglich acht Klöster und zwei weitere kirchliche Institutionen erwähnt. Von den insgesamt 334 dokumentierten Interaktionen sind 62 auf Papstlegaten zurückzuführen, von denen viele während des Alexandrinischen Schismas auf dem Balkan tätig waren. 97 päpstliche Briefe, Urkunden oder Handlungen sowie 54 Kommunikationsakte von Legaten fehlen in den herkömmlichen Regestenwerken und werden erst durch den vorliegenden Band zugänglich gemacht. Bei 110 Kontakten handelt es sich um Deperdita, und zwölf sind Spuria. Hervorzuheben ist der geringe Anteil an Originaldokumenten in der Überlieferung. Nur 34 Papstdokumente für Empfänger auf dem Balkan existieren im Original, davon neun für die Erzbischöfe von Split und acht für Dubrovnik. Die Anzahl der abschriftlichen Überlieferungen ist ebenfalls begrenzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es sich bei den meisten dokumentierten Kontakten nicht um Privilegien handelt, sondern um päpstliche Anweisungen und Stellungnahmen zu theologischen, disziplinären, kirchenrechtlichen und kirchenpolitischen Angelegenheiten, insbesondere aufgrund der kulturellen und räumlichen Nähe zur griechischen Kirche. Das päpstliche Eingreifen in Dalmatien zielte auch darauf ab, den griechischen Einfluss in der Region zurückzudrängen – die lokalen Akteure instrumentalisierten ihrerseits die Zugehörigkeit zur lateinischen Kirche, um sich von den Nachbarn abzuheben. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass viele der überlieferten Kontakte auf Quellen wie dem Liber Pontificalis, den Registern Gregors des Großen, Johannes’ VIII. und Gregors VII., der Historia Salonitanorum pontificum, den Canones- und Dekretalensammlungen sowie byzantinischen Geschichtswerken basieren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Publikation ein unersetzliches Hilfsmittel zur Erforschung der dalmatinischen Kirche und ihrer Beziehungen zum apostolischen Stuhl darstellt. Der Band verdeutlicht, dass diese Region für die Päpste keineswegs peripher war, sondern – auch aufgrund der geographischen Nähe – als Brückenkopf sowohl zum griechischen als auch zum ungarischen Kulturraum fungieren konnte. Davon zeugt vor allem die Intensität der Beziehungen im 10. Jh., in einer Epoche also, in der vermeintliche Kernregionen der Christenheit mit den Päpsten kaum interagierten. Die Art der überlieferten Kontakte zeigt zudem, dass die Integration der Region in die lateinische Kirche auf anderen Grundlagen basierte als in den westeuropäischen Gebieten, was erhebliche Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Papsttums vor Ort hatte.

Étienne Doublier

(Rezensiert von: Étienne Doublier)