Alison V. Hudson, Bishop Æthelwold, his Followers, and Saints’ Cults in Early Medieval England. Power, Belief, and Religious Reform (Anglo-Saxon Studies 43) Woodbridge 2022, The Boydell Press, XVI u. 293 S., 10 Abb., 3 Tab., 1 Karte, ISBN 978-1-78327-685-1, GBP 80. – Das Buch untersucht die Heiligenverehrung der Anhänger Bischof Æthelwolds von Winchester († 984), der – gemeinsam mit den Erzbischöfen Dunstan von Canterbury († 988) und Oswald von York († 992) – zu den drei großen Gestalten der monastischen Reformen des 10. Jh. in England gezählt wird. Im Zentrum stehen Interaktionen mit Personengruppen außerhalb der klösterlichen Gemeinschaften. Nach einer Einleitung, in der Æthelwolds „Kreis“ definiert und ein kurzer chronologischer Abriss gegeben wird, handelt das erste Kapitel von der Heiligenverehrung auf persönlicher, inner-gemeinschaftlicher sowie trans-konventualer Ebene. Das zweite Kapitel untersucht, inwiefern die Heiligenverehrung zum Aufbau und zur Konsolidierung der wirtschaftlichen Grundlagen genutzt wurde, etwa durch Schenkungen. Die nächsten drei Kapitel nehmen dann unterschiedliche Gruppen in den Blick, mit denen die Klöster interagierten: den weltlichen Klerus, den Adel und sonstige Laien. Im sechsten Kapitel wird schließlich die zweite Generation des Æthelwold-Kreises in den Blick genommen und damit der Zeitraum vom Tod Æthelwolds 984 bis zur dänischen Eroberung 1016 untersucht. Ein knappes Fazit beschließt den Band, der zudem eine thematisch geordnete Liste von Schenkungen an die Klöster des Kreises im 10. Jh. sowie eine Auflistung aller 36 zum Kreis gezählten Personen enthält. Auf Basis ihrer Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Quellen – insbesondere hagiographische Texte und Urkunden, darunter auch unediertes Material – kann H. eine Reihe wichtiger Beobachtungen machen. Der Kreis um Æthelwold habe weder nur solche Heilige verehrt, deren Kult auf Beda Venerabilis zurückgeht, noch einen Fokus auf Universalheilige gelegt, sondern sei auf lokale Gegebenheiten eingegangen, um anschlussfähig zu sein an die Personen vor Ort. Schenkungen seien besonders bei Konflikten sowie in krisenhaften Zeiten einer Vakanz an die Heiligen selbst – und nicht an das Kloster oder einen Abt – gegangen. Auch wurde die Verehrung bereits vorhandener lokaler Heiliger aufgegriffen, um die Gefährdung der Reformziele durch nicht-reformierte Kleriker zu entschärfen. Die Wahl der Heiligen hing also gerade dort, wo Geistliche Widerstand gegen die Reformen leisteten, von lokalen Gegebenheiten ab. Die Unabhängigkeit von weltlichen Einflüssen, die zu den Reformzielen gehörte, war auch für Æthelwolds Kreis wichtig, wurde aber differenziert gehandhabt: Dort, wo die Unterstützung von Adeligen gebraucht wurde (beispielsweise in Ely und Thorney), setzte man vermehrt auf lokale Heilige. In der zweiten Generation ließ sich eine stärkere Kooperation der verschiedenen Gemeinschaften feststellen: Die Heiligenverehrung anderer Klöster wurde zum Teil übernommen, was H. auf einen gestiegenen Bedarf an gegenseitiger Unterstützung aufgrund der Krisen dieser Zeit (vermehrte Wikingereinfälle ab 980, die schließlich in die dänische Eroberung mündeten) zurückführt. Der langanhaltende Erfolg der Klöster aus Æthelwolds Umfeld, der sich unter anderem daran zeigt, dass sie 1086 zu den reichsten in England gehörten, wie aus dem Domesday Book hervorgeht, liege nicht nur in der königlichen Unterstützung begründet, mit der der Einfluss des weltlichen Adels zurückgedrängt wurde, vielmehr habe man daneben auch die Unterstützung (oder zumindest das Nicht-Eingreifen) von Gruppen außerhalb der Klöster gesucht, unter anderem durch die Förderung von (lokalen) Heiligenkulten. H., die „Reform“ als einen Prozess sieht, nicht als eine Agenda, die es abzuarbeiten gilt, stellt zum Schluss fest, dass sogar eine Gruppe relativ strikter Reformer als flexibel und kompromissbereit angesehen werden kann. „Reformer“ sollten also tunlichst nicht als homogene Gruppen gesehen, sondern möglichst differenziert betrachtet werden. Das ist H. mit ihrem Buch, das sicherlich vor allem für Spezialisten mit ausreichenden Vorkenntnissen – auch zur englischen Geschichte – von Interesse sein dürfte, auf beeindruckende Weise gelungen.
Dominik Waßenhoven
(Rezensiert von: Dominik Waßenhoven)