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Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

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Traditio Legis. Schlaglichter auf 1200 Jahre Rezeptionsgeschichte der Gestalt des Benedikt von Aniane, hg. von Thomas Richter / Oliver J. Kaftan (StMGBO Ergänzungsbd. 56) Sankt Ottilien 2022, EOS, XII u. 238 S., Abb., ISBN 978-3-8306-8121-2, EUR 30. – Aus Anlass der 1200. Wiederkehr des Todestags Benedikts von Aniane am 11. Februar 821 im Kloster Inda bei Aachen plante die Abtei Kornelimünster, die in der Ehrennachfolge seiner Gründung steht, für 2021 ein Symposion, das aber der Covid-19-Pandemie zum Opfer fiel. Stattdessen legt sie nun diesen Sammelband mit Beiträgen zur Rezeption Benedikts vor, aus dem die folgenden das MA betreffenden Aufsätze hier anzuzeigen sind: Florian Hartmann, Ludwig der Fromme, Benedikt von Aniane und die Aachener Synoden (S. 1–17), skizziert den personellen Rahmen und den historischen Kontext der Reformen von 816. Er weitet die Perspektive auf das geistliche Leben im gesamten Frankenreich aus, dessen Vereinheitlichung die Beschlüsse von Aachen anstrebten. Dabei relativiert er die Rolle Benedikts von Aniane, den die hagiographische Darstellung seines Biographen Ardo zur führenden Figur stilisiert hat. – Michaela Puzicha, Die Rezeption spätantiker und frühmittelalterlicher Klosterregeln im Codex Regularum des Benedikt von Aniane (S. 19–45), bietet eine Übersicht über die im anianischen Codex regularum zusammengetragenen monastischen Traditionen der Spätantike und des frühen MA, welche Benedikt von Aniane die Möglichkeit boten, über die Benediktsregel hinaus eigene Antworten auf anstehende Fragen des klösterlichen Lebens zu finden. – Oliver J. Kaftan, Von Martin zu Benedikt. Zur Conversio des Abtes Benedikt von Aniane (S. 47–65), interpretiert die zweimalige Conversio Benedikts, wie sie Ardo in den ersten Kapiteln seiner Vita schildert, nicht so sehr als Scheitern, vielmehr als Suche nach einer angemessenen klösterlichen Lebensweise. Aus diesem Lernprozess erwuchs Benedikt Überzeugungskraft für die Benediktsregel. – Thomas Richter, Anmerkungen zur ikonographischen Rezeption Benedikts von Aniane (S. 67–99), stellt einen Zusammenhang her zwischen den späten und seltenen bildlichen Darstellungen des Heiligen, dem Fehlen von eindeutigen Attributen und der Tatsache, dass Benedikt nach seinem Tod keine Verehrung an seiner Grabstätte gefunden hat. – Jörg Sonntag, Von der Wurzel zur Blüte. Die historische Wirkmacht Benedikts von Aniane in der benediktinischen Ritualwelt des hohen Mittelalters (S. 161–193), untersucht am Mönchskleid und an der Tonsur, an der Profess, an Buße und Reinigung und an den Fußwaschungen die Einflüsse der Bestimmungen der Aachener Beschlüsse; hinter diesen Ritualen lässt sich in Ardos Vita Benedicti der spirituelle Gehalt wiederfinden. Die klösterliche Ritualwelt des hohen MA wurde vom Totengedenken dominiert, wobei sich die Rituale der Cluniazenser, Zisterzienser und Regularkanoniker einander wieder anglichen.

Ernst Tremp

(Rezensiert von: Ernst Tremp)