Arnaud Fossier, Hommes de mauvaise réputation. Usuriers, débiteurs, créanciers en procès (Pistoia, 1287–1301), Annales HSS 77 (2022) S. 741–773, analysiert das häufig erforschte, doch von den Akteuren stets different ausgehandelte grundlegende Dilemma ma. Wirtschaft, die Scheidung zwischen Kredit und Wucher. Grundlage bilden ein Dutzend in den Registern des Bischofs von Pistoia überlieferte Prozesse. Die Fragestellung kreist um die Motive der Akteure in Pistoia. „Wucherern“ den Prozess zu machen und sie dadurch als „Männer mit schlechtem Ruf“ zu entehren, sei, so F., der Versuch der bischöflichen Administration gewesen, die Kontrolle über den öffentlichen Raum in Konkurrenz zur erstarkenden kommunalen Gerichtsbarkeit zurückzugewinnen und den Kreditmarkt durch die Unterscheidung zwischen schlechten und ehrlichen Gläubigern in ihrem Sinn zu regulieren. Kaufleute und Bankiers könnten dagegen die Prozessmöglichkeiten vor dem kirchlichen Gericht dazu instrumentalisiert haben, Konkurrenten oder gegnerische Gruppen als „Wucherer“ zu kompromittieren, sie vom wachsenden Kreditmarkt zu verdrängen und zugleich von der Kirche als „gute“ Geldverleiher akzeptiert zu werden.
Gerhard Fouquet
(Rezensiert von: Gerhard Fouquet)