Het Berghse kroniekenhandschrift. Ontstaan, inhoud en functie van een laatmiddeleeuws geschiedenisboek, onder redactie van Wim van Anrooij / Jeanne Verbij-Schillings (Werken uitgegeven door Gelre vereniging tot beoefening van Gelderse gschiedenis 63) Hilversum 2021, Verloren, 392 S., Abb., ISBN 978-90-8704-939-3, EUR 30. – Der Sammelband geht zurück auf den Erwerb der Chronikenhs. durch die Stichting Huis Bergh im Jahr 2017. Die Hs. mit volkssprachlichen Chroniken des Rhein-Maas-Raums entstand um die Mitte des 15. Jh. vermutlich auf Veranlassung des geldrischen Bannerherrn Wilhelm II. von Bergh (1404–1465), so dass sie ursprünglich wohl auf dem gleichnamigen Adelssitz nahe der deutsch-niederländischen Grenze beheimatet war, bevor sie auf ungeklärtem Weg in die Bibliothek der Fürsten von Salm-Salm in Anholt gelangte und von diesen 2016 veräußert wurde. Aus Anlass ihrer Rückkehr auf den Stammsitz der Herren von Bergh im niederländischen ’s-Heerenbergh wurde die Hs. von einer Gruppe aus Historikern, Kunsthistorikern, Literaturwissenschaftlern, Konservatoren und Bibliothekaren eingehend untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden Anfang 2020 im Rahmen einer Tagung auf Huis Bergh vorgestellt und flossen in den Sammelband ein, der die folgenden Beiträge enthält: Peter Bresser, Bergh, de kleine grootmacht. De familiale achtergrond van het Berghse kroniekenhandschrift (S. 21–31), skizziert die Geschichte der Herren von Bergh, deren als Ex libris interpretiertes Wappen sich auf fol. 1v der Hs. befindet. – Anne Korteweg, Codicologisch overzicht van het Berghse kroniekenhandschrift (S. 35–58), nimmt eine genaue kodikologische Beschreibung der Hs. vor und bietet eine tabellarische Übersicht des Lagenschemas. – Ed van der Vlist, Het Berghse kroniekenhandschrift. Codicologische en paleografische observaties (S. 59–68), schlägt eine Datierung der Hs., die er in sechs kodikologische Einheiten (A–F) gliedert, zwischen 1453 und 1461 vor. – Marieke van Delft, Het papier in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 69–84), untersucht die Wasserzeichen des Papiers, die sie auf die zwei Dekaden zwischen 1440 und 1460 datiert, um daraus eine Entstehung der Hs. zwischen ca. 1450 und 1460 abzuleiten. – Jan Storm van Leeuwen, De band van het Berghse kroniekenhandschrift (S. 85–89), nimmt den Einband der Hs. in den Blick und stellt fest, dass es sich dabei um den ursprünglichen Einband handeln muss, den er auf ca. 1460 oder etwas später datiert wissen möchte. – Jos A. A. M. Biemans, De dekbladen in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 91–101), befasst sich mit den Deckblättern aus Makulatur und identifiziert den lateinischen Text des vorderen Deckblatts mit Auszügen aus dem Johannes-Evangelium (Joh. 18, 15–17 und 32–37) und denjenigen des hinteren mit einem Gebetsfragment zum Weißen Sonntag. Letzteren ordnet er aus paläographischen Gründen in die Zeit um 1450/60 ein. – Mark Visscher, Het Berghse kroniekenhandschrift: één of twee verzamelingen? (S. 105–114), befasst sich in vergleichender Perspektive mit der Reihenfolge der Chroniken und ihren nach geistlicher und weltlicher Herrschaft getrennten Inhalten, wobei er mit der Möglichkeit rechnet, dass der Autor ursprünglich zwei Chronikenhss. plante, dieses Vorhaben dann aber aus unbekannten Gründen nicht umsetzte. – Rob Dückers, De decoratie in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 115–141), geht dem Buchschmuck der Hs. in Gestalt von Stammbäumen, Initialen, Zeichnungen usw. auf den Grund und macht Vorbilder bei den Buchillustrationen der Gebrüder Limburg aus. – Auf einen rund 40seitigen Abbildungsteil (S. 143–186) folgt Jeanne Verbij-Schillings, Heraldiek in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 187–194), die sich mit den Wappenabbildungen innerhalb der Hs. beschäftigt. – Rita Schlusemann, Talige kenmerken van het Berghse kroniekenhandschrift (S. 195–209), nimmt sich der sprachwissenschaftlichen Auswertung der Chroniken an und kommt zu dem Schluss, dass der Kompilator aus dem Raum Kleve stammen muss. – Era Gordeau, De pausenkroniek in het Berghse kroniekenhandschrift. Herkomst, tekstuele context en tekstbehandeling (S. 211–222), sucht nach Beziehungen zwischen der in der Hs. enthaltenen Papstchronik und Der leken spiegel des Jan van Boendale. – Dirk Schoenaers, De invloed van een ‘modeboek’. Martinus von Troppaus Chronicon pontificum et imperatorum en de inhoud van het Berghse kroniekenhandschrift (S. 223– 241), macht die Chronik des Martin von Troppau als Vorbild für die Papst- und die Kaiserchronik der Hs. aus. – Jeroen Reyniers, Keizer Augustus en de Tiburtijnse sibille in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 243–260), geht den kunsthistorischen Verästelungen und Hintergründen einer Miniatur nach, welche die Tiburtinische Sibylle mit Kaiser Augustus im Moment ihrer Traumdeutung zeigt. – Johan Oosterman, Het verhaal van Gelre, middenin de wereld. Het Berghse kroniekenhandschrift en het begin van de Gelderse geschiedschrijving (S. 261–275), sieht im Verhaal van Gelre die früheste erhaltene Chronik des Herzogtums Geldern und macht die dort vorherrschende politische Situation des Jahres 1458/59 als causa scribendi der Chronik aus (siehe auch die folgende Rezension). – Remco Sleiderink / Mark Visscher, Van de schepping van Adam tot de kruisdood van Jezus. Een wijdverspreide chronologie in vijf Middelnederlandse kwatrijnen (S. 277–288), setzen sich mit der heilsgeschichtlichen Perspektive der geldrischen Chronik auseinander. – Wim van Anrooij, De kroniek van Gelre in het Berghse kroniekenhandschrift en de traditie van de Negen Besten (S. 289–298), geht dem in der geldrischen Chronik enthaltenen Erzählmotiv der „Neun Helden“ nach. – Robert Stein, Levend verleden. De Cronijck van Brabant (S. 299–315), ordnet die Chronik von Brabant in die Historiographie des Herzogtums ein. – Wilma Keesman, Kleef en het verhaal van de Zwaanridder. Over de Croniken der hertoighen Cleve in het Berghse kroniekenhandschrift (S. 317–328), untersucht den klevischen Herkunftsmythos vom Schwanenritter und verortet die klevische Chronik der Hs. in der klevischen Historiographie. – Bram Caers, De Brabants-Gelderse relaties in het Berghse kroniekenhandschrift. Toetssteen voor de historiografische praktijk van de samensteller (S. 329–343), zeichnet den Limburger Erbfolgestreit und die Schlacht bei Worringen (1288) im Spiegel der Hs. nach. – Aart Noordzij, Het Berghse kroniekenhandschrift. Eindproduct of werk in uitvoering? (S. 345–353), widmet sich dem geographischen Horizont der Hs. und zeigt auf, inwieweit die in ihr enthaltenen Chroniken eine Synthese aus regionaler und universaler Historiographie gewesen sind. Ein Register (S. 379–392) und eine ausführliche Bibliographie (S. 361–377) schließen den Band ab.
Jens Lieven
(Rezensiert von: Jens Lieven)