Konstantin Moritz A. Langmaier, Zur Devise Kaiser Friedrichs III. (1415‒1493), Zs. des Historischen Vereins für Steiermark 113 (2022) S. 7–32. – Der Beitrag hat in den Medien großes Aufsehen erregt und in Österreich geradezu einen Presserummel hervorgerufen. L. versucht das Rätsel des berühmten „AEIOU“ zu lösen. Sein Vorschlag, dass das Distichon En, amor electis iniustis ordinor ultor // Sic Fridericus ego rengna mea rego die ursprünglich intendierte Bedeutung der fünf Vokale wiedergebe, bringt nun wahrlich nichts Neues. Der Habsburger hat die Verse in dieser Form eigenhändig in sein Notizbuch eingetragen, wobei es ihn offensichtlich nicht störte, dass im Pentameter nach der Dihärese eine lange Silbe fehlt; diese Lücke wurde in anderen Textzeugen meist durch ein eingeschobenes rex ausgeglichen. In der Forschung wird das Verspaar seit langem zu den „ältesten, quellenmäßig bestens belegten Interpretationen“ (Anna Hedwig Benna, Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 26, 1973, S. 421) gezählt. Es handelt sich dabei also keineswegs, wie der Vf. suggerieren möchte, um „eine unbeachtete dritte Stelle“ (S. 11) im Notizbuch, sondern das Distichon steht seit seiner Entdeckung im frühen 19. Jh. geradezu im Zentrum der Diskussion. Bereits A. Lhotsky widmete ihm in seinem berühmten, erstmals 1944 erschienenen Aufsatz mehrere Seiten und stellte die wesentlichen Belege zusammen. Dass Friedrich aber auch andere Auslegungen gelten ließ und gelten lassen wollte, zeigen die ebenfalls im Notizbuch enthaltenen Deutungen Austrie est imperare orbi universo bzw. als erdreich ist osterreich underthan; zudem werden die fünf Vokale dort mit den Ziffern 1 bis 5 in einer Strichskala in Verbindung gebracht. Auch gegen die Auflösung aquila eius iuste omnia vincet, die als Inschrift auf dem großartigen Deckelbecher des Kaisers (Kunsthistorisches Museum, Wien) erscheint, hatte der Habsburger offensichtlich keine Einwände. Erhebliche handwerkliche Mängel sind in L.s Aufsatz nicht zu übersehen! So wäre ein Hinweis darauf angebracht gewesen, dass die Verse En, amor bei H. Walther, Initia Carminum (1959) unter Nr. 5366 verbucht wurden, mit der Angabe, dass das Distichon in Clm 5141, fol. 138r (aus dem Augustinerchorherrenstift Beuerberg), enthalten ist, ein Textzeuge, auf den schon J. Chmel in seinem 1850 erschienenen Reisebericht (SB Wien 5, 1850, S. 373) hinwies. Diese Hs. wird von L. in Anm. 37 als eigene Entdeckung angeführt, unbeachtet bleibt hingegen die Überlieferung der Verse in Clm 4143, die von J. A. Schmeller angezeigt und von F. von Bezold (SB München 1884 S. 593) besprochen wurde; auch auf den interessanten Überlieferungskontext der Verse in diesen beiden Textzeugen wird nicht eingegangen. Dass L. mit der lateinischen Metrik auf Kriegsfuß steht, zeigt die gegen die Hs. (Clm 563) und gegen die Erstedition durch J. Huemer erfolgte Wiedergabe dieses Distichons von N. Petschacher: Quatuor en urbes Olomuncz, Iglavia, Brunna, Znoyma // placent fidei iura tenendo deo (S. 14), wo offensichtlich nicht bemerkt wurde, dass Znoyma zum Pentameter und nicht zum Hexameter gehört. Gravierender ist ein Transkriptionsfehler in der Datierung (S. 14): actum vel dictum 1445 est [!] post Iacobi et cetera statt korrekt actum vel dictum 1445 3a post Iacobi et cetera, was bekanntlich den Dienstag nach dem Fest des hl. Jakob, also den 27. Juli 1445, bezeichnet. Huemer, dem ein „Editionsmangel“ unterstellt wird, hatte die Ziffer „3“ korrekt gelesen. Ein Blick in die „Forschungsdokumentation“ der Bayerischen Staatsbibliothek zu Clm 563 hätte L. zudem vor der Fortschreibung eines peinlichen, wohl durch den Halm’schen Katalog verursachten Lesefehlers bewahren können, der längst richtiggestellt wurde; nach Ausweis des Kolophons soll die Hs. 1458 von einem „gewissen Johann Kloppfinger de Salma“ geschrieben worden sein. Das unsinnige „Salma“ ist in „Salina“ zu verbessern, die übliche Bezeichnung für Hallein an der Salzach, und der Notar und Kurienprokurator Johann Klopfinger (Chlephinger) aus Hallein, der 1473 in Rom verstorben ist, ist keineswegs unbekannt; hier hätte auch eine Konsultation des Repertorium Germanicum weitergeholfen. Besonders viel hält sich L. auf die Entdeckung des „en-amor-Distichons“ (S. 24) im berühmten Marienpsalterium des Hermann von Nitzschewitz zugute, das nach Friedrichs Tod um 1494/95 im Zisterzienserkloster Zinna in Brandenburg gedruckt wurde. Dort findet sich aber keineswegs das Distichon als solches, sondern zuerst eine Prosaparaphrase und dann eine Aktualisierung der Verse, indem in den Pentameter, der dadurch die Versform verliert, Maximilian einbezogen wird. Die Erwähnung sagt nur aus, dass diese Auflösung dem Autor bekannt war und von der Kanzlei des Herrschers, der das Marienpsalterium vor dem Druck zugeschickt worden war, gebilligt wurde. Weder ist damit die ursprüngliche Intention des AEIOU enthüllt, das seit 1437 von dem Habsburger gebraucht wurde, noch ist damit bewiesen, dass die En amor-Verse – eine Auflösung, die mit der Königswahl Friedrichs (1440) in Verbindung zu bringen ist – die einzig ‘authentische’ Auslegung darstellen. Dass sich Friedrich die En, amor-Verse zu eigen machte, ist durch das Notizbuch hinreichend bezeugt. Es war aber keineswegs die einzige Auflösung, an der dieser Herrscher Gefallen fand. Fazit: Much ado about nothing.
Franz Fuchs
(Rezensiert von: Franz Fuchs)