DA-Rezensionen online

Digitale Vorab-Veröffentlichung der Rezension aus DA 79,2 (2023) *.

Sie bleibt nach Erscheinen der Printausgabe online verfügbar.

Peter W. Sposato, Forged in the Shadow of Mars. Chivalry and Violence in Late Medieval Florence, Ithaca / London 2022, Cornell Univ. Press, XIII u. 231 S., ISBN 978-1-5017-6189-8, USD 49,95. – Das Buch ist die leicht überarbeitete Version einer Diss. (Ph. D.) an der Univ. of Rochester (New York, 2014) und stark beeinflusst vom Werk ihres Betreuers, Richard Kaeuper, selbst Autor verschiedener Arbeiten zum ma. europäischen Rittertum (chivalry). Die Idee lag also nahe, die dort herausgearbeiteten Themen zur ritterlichen „Identität“, den „Beruf“ des Soldaten, die Ehrverteidigung und den Gebrauch von Gewalt gegen vermeintlich sozial Subalterne, mit der florentinischen Welt des Spät-MA zu vergleichen. Ausgehend von den Faktionskämpfen zwischen Guelfen und Ghibellinen und dem Schicksal Dante Alighieris (der im Buch kaum erwähnt wird), haben sich Generationen von Mediävisten mit diesem Themenfeld auseinandergesetzt, zuletzt sehr detailliert und quellengesättigt Christiane Klapisch-Zuber (vgl. DA 65, 403f.). Das vom Vf. praktizierte Vorgehen, die in Florenz als grandi oder, im eminent juristischen Sinn, als „Magnaten“, bezeichneten Geschlechter einfach als „ritterlich“ umzuetikettieren, hat jedoch seine Tücken, leiteten sich doch deren Überlegenheitsgefühle nicht aus einer wie auch immer falsch verstandenen Lektüre ritterlicher Literatur, sondern direkt aus den ma. Herrschaftsverhältnissen her. Auch zur Frage der Ritterwürde selbst hat der Vf. kaum etwas zu sagen und leistet sich manchmal grobe Schnitzer, so wenn er des Tolosato degli Uberti Übernahme von fast einem Drittel Sardiniens im Auftrag der Pisaner (giudicato di Arborea, 1296) als „subverting justice“ interpretiert, wofür Tolosato unerhörterweise sogar die Ritterwürde empfangen habe („Rather than being condemned for his actions, however, he was made a knight shortly thereafter“, S. 94). Neue archivalische Quellen werden nicht herangezogen, die historiographischen Quellen stammen häufig aus englischsprachigen Übersetzungen, moderne kritische Editionen werden kaum beachtet, und der zentrale florentinische Libro del Chiodo sogar nur in Exzerpten in einer im Internet zugänglichen Edition des späten 18. Jh. (S. 164f.; auf derselben S. 165 auch die kuriose Erfindung eines Stadtteils „Porta San Pietro Civitato [Porte S. Petri Civitatis]“: gemeint ist natürlich das Stadtsechstel Porta San Piero Maggiore, im Unterschied zu San Pier Schieraggio). Schließlich scheint das Werk unzureichend lektoriert worden zu sein; die Bibliographie und der Namensindex am Ende sind hierfür kein Ersatz. Letztendlich bleibt der Leser sowohl von seiner Substanz als auch von den angebotenen Einzelnachweisen relativ unbeeindruckt.

Lorenz Böninger

(Rezensiert von: Lorenz Böninger)