Claudia Alraum, Wege der Integration. Das Papsttum und die lateinische Kirche Apuliens in normannischer Zeit (Historische Forschungen 31) Stuttgart 2022, Franz Steiner Verlag, XI u. 256 S., ISBN 978-3-515-13234-3, EUR 36. – Die Anwendung des Zentrum-Peripherie-Modells hat sich in der jüngeren Papsttumsforschung als sehr ertragreich erwiesen, indem sie ermöglicht hat, neues Licht auf die Integrations- und Homogenisierungsprozesse im Kontext der „papstgeschichtlichen Wende“ zu werfen. In diese Forschungstendenz fügt sich die Studie ein, die sich der päpstlichen Integrationspolitik in Apulien zur Zeit der normannischen Herrschaft (1059–1189) widmet. Untersucht wird nur ein Teil der heterogenen Kirchenlandschaft Apuliens, nämlich die nord- und zentralapulischen Erzbistümer Trani, Bari und Brindisi und deren Suffragane sowie das exemte Bistum Monopoli, welche „auch während der byzantinischen Herrschaft nominell unter römischer Jurisdiktion und beim lateinischen Ritus verblieben“ (S. 9). In methodischer Anlehnung an Norbert Kamp gliedert sich die Arbeit nach den speziellen Instrumenten, die der päpstlichen Durchdringung der apulischen Kirchen dienten. Das erste Kapitel bietet eine quantitative Auswertung der überlieferten Papsturkunden für kirchliche Empfänger im lateinisch geprägten Apulien. Im zweiten Kapitel werden zunächst die in der Region belegten Papstreisen betrachtet, in deren Rahmen sich neben machtpolitischen Faktoren auch mehrere Elemente des päpstlichen Kirchenregiments – wie Konzilien, Bischofs- und Kirchweihen – feststellen lassen, die zur Zentralisierung und Romanisierung der apulischen Kirchenlandschaft beitrugen. Anschließend werden die überlieferten Pallienprivilegien für lateinisch-apulische Erzbischöfe untersucht. In den Vordergrund tritt dabei weniger die päpstliche Kontrollfunktion als die legitimitätsstiftende Wirkung der Pallienverleihung auf lokaler Ebene. Das dritte Kapitel widmet sich den päpstlichen Jurisdiktionsinstrumenten. A. untersucht zunächst die delegierte Gerichtsbarkeit, deren (verspäteter) Einsatz sich im apulischen Kontext eher als ein Indiz der lokalen Anerkennung der römischen Autorität denn als ein aktives Instrument der päpstlichen Politik deuten lässt. Weiter verdeutlicht die Vf., dass in Apulien das Instrument der Legation kaum zum Einsatz kam, was sich hauptsächlich mit den großen Zugeständnissen der römischen Kirche gegenüber den machtbewussten normannischen Herrschern erklären lässt. Im Schlussteil werden anhand der einzelnen Forschungsergebnisse deutliche Entwicklungslinien in den untersuchten Integrationsprozessen erläutert. Feststellen kann man insbesondere einen vorläufigen Höhepunkt unter Urban II. (1088–1099), eine langanhaltende Erschütterung der päpstlich-apulischen Beziehungen während und nach dem Innocentianischen Schisma (1130–1138) sowie einen energischen Integrationsschub unter Alexander III. (1159–1181). Insgesamt leistet die Monographie aufgrund ihrer soliden Methodik einen wichtigen Beitrag zur Deutung der päpstlich-apulischen Integrationsprozesse und bietet zugleich ein wertvolles Modell zur systematischen Erforschung weiterer Regionen der „kirchlichen Peripherie“.
Francesco Massetti
(Rezensiert von: Francesco Massetti)