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The Cambridge History of Medieval Canon Law, ed. by Anders Winroth / John C. Wei, Cambridge 2022, Cambridge Univ. Press, XX u. 617 S., ISBN 978-1-107-02504-2, GBP 140. – Der Band behandelt die Entwicklung des kanonischen Rechts von der Spätantike bis ins frühe 16. Jh. Zunächst geht es um die Basis für die Rechtsvorstellungen der Kirche, die Verbindung zum weltlichen Recht und die Zusammenarbeit von Königen und Bischöfen im frühen MA (Caroline Humfress, S. 11–31; Abigail Firey, S. 32–45). Im Mittelpunkt stehen die Rechtssammlungen. Über die Inhalte kirchlichen Rechts und seine Umsetzung erfährt man fast nichts. Das ändert sich für die Zeit ab 900. Greta Austin (S. 46–61) benennt nicht nur Quellen und Rezeption des kirchlichen Rechts, sondern auch wichtige inhaltliche Themen. Christof Rolker (S. 62–78) zeigt, welches Material die Sammlungen vor Gratian verwendeten, wodurch ihr unterschiedlicher Aufbau bedingt ist und wie unterschiedlich der Bezug verschiedener Reformgruppen auf das kanonische Recht war. Wolfgang P. Müller (S. 79–95) stellt die Frage, welche Bedingungen dazu führten, dass Gratians Decretum überhaupt geschrieben wurde. Dieses Thema wird von Anders Winroth (S. 96–107) weitergeführt, der auf die Entstehung des Decretum Gratiani und die Geschichte seiner Interpretation bis zum Liber extra eingeht. Es folgt ein Überblick von Martin Bertram (S. 108–121) über die „Massenüberlieferung“ des kanonischen Rechts im späten MA und die sich daraus für die Forschung ergebenden Schwierigkeiten, was durch einen Überblick über spätma. Sammlungen von Andreas Meyer (S. 122–141) und einen Artikel von Péter Erdő (S. 142–169) über die Rechtsquellen und die Sammlungen in der Kirche des Ostens ergänzt wird. Der zweite Teil behandelt die Quellen und die Verbreitung des ma. Kirchenrechts. John C. Wei (S. 173–191) geht auf Theologie und theologische Quellen des Kirchenrechts ein. Um die Mitte des 12. Jh. hätten sich Theologie und Kirchenrecht in zwei separate Gebiete getrennt. Trotzdem kam es weiterhin zu deutlichen gegenseitigen Beeinflussungen. Wichtige theologische Quellen waren die Bibel, die Kirchenväter und die scholastische Theologie. Norman Tanner (S. 192–207) behandelt die Konzilien, die seiner Meinung nach grundlegend für die Definition von Glaubenssätzen und die Entwicklung des Kirchenrechts waren. Die Entstehung, Bedeutung und Ausdifferenzierung von Dekretalensammlungen ab dem Ende des 12. Jh. beschreibt Gisela Drossbach (S. 208–229) anschaulich, während Gero R. Dolezalek (S. 230–261) die Vermittlung des Codex Justinianus durch kanonisches Recht aufzeigt. Die übrigen Beiträge widmen sich nicht mehr den Sammlungen, sondern der Vermittlung und Implementierung von kanonischem Recht. Anders Winroth (S. 262–284) behandelt die Rechtsschulen, Anthony Perron (S. 285–298) lokale Kenntnisse des kanonischen Rechts und Susan L’Engle (S. 299–321) die Überlieferung in Hss. sowie in Wiegen- und Frühdrucken. Der dritte Teil befasst sich mit kirchlichen Gerichtsprozessen (Wolfgang P. Müller, S. 327–341), der Bedeutung des Kirchenbesitzes (Charles de Miramon, S. 345–367), dem Pfründenrecht (Andreas Meyer, S. 368–395), dem Ordensleben (Elizabeth Makowski, S. 396–403), den Sakramenten (Thomas M. Izbicki, S. 404–420), der Buße und der letzten Ölung (Rob Meens, S. 421–436), den Heiligen und Reliquien (Thomas Wetzstein, S. 437–450), dem Eherecht (Sara McDougall, S. 453–474), dem Familienrecht (Franck Roumy, S. 475–491), dem Strafrecht (Lotte Kéry, S. 495–510), dem Vorgehen gegen Häresie, Magie und Aberglauben (Edward Peters, S. 511–536), der Frage nach dem gerechten Krieg und den Kreuzzügen (Frederick H. Russell / Ryan Greenwood, S. 537–549), der Exkommunikation und dem Interdikt (Peter D. Clarke, S. 550–569) und schließt mit einer hilfreichen Zusammenfassung von Peter Landau (S. 573–583).

Sebastian Scholz

(Rezensiert von: Sebastian Scholz)